Tod der Hexe
Destiny 2 hat mir nicht immer leicht gemacht, es zu mögen. Erzählerisch hat das Spiel zum Launch in meinen Augen extrem schwach eröffnet, auch der repetive Content wollte mich einfach nicht richtig abholen. Seitdem sind einige Jährchen ins Land gegangen. Gut genutzte Zeit für Bungie, die ihr Baby mit neuen Erweiterungen, Seasons und nach der Loslösung von Activision auch einer komplett überarbeiteten Zugänglichkeit immer weiter ausgebaut haben. So sehr, dass man manche Inhalte zum Unmut vieler Fans wieder aus dem Universum genommen hat, um Platz für all das zu schaffen, was da noch kommt. Die Hexenkönigin ist dabei nicht als Finale konzipiert, wenigstens zwei Erweiterungen sollen noch folgen. Im Mittelpunkt der Erweiterung steht die namensgebende Savathûn, ihres Zeichen Schargöttin der Verschlagenheit und Intrigen. Die kennen treue Hüter bereits als wichtigen Bestandteil der Story, jetzt dürfen wir es erstmals selbst mit der dunklen Durchlaucht aufnehmen.
Der in Form von kleinen, aneinandergereihten Dungeons aufgebaute Content wartet mit zahlreichen spannenden Twists auf, führt interessante neue Charaktere ein und setzt bereits bestehende gelungen fort. Alle bisher gesponnenen Fäden fügen sich erstmals zusammen. Der noch etwas gemütliche Start auf der Oberfläche des jüngst wiederaufgetauchten Mars ist schnell vergessen, sobald man zum ersten Mal Fuß auf Savathûns Thronwelt setzt. Eine toll in Szene gesetzte Landschaft, wo sich düstere Sümpfe und prächtige Elfenbeintürme die Klinke in die Hand geben. Augenöffner gibt´s quasi am Fließband, besonders auf schnellen PC´s und Konsolen der aktuellen Generation sieht das Setting unfassbar gut aus – kein Wunder, denn das Entwicklerteam hat nicht nur dem Spiel, sondern auch dessen Engine einige Upgrades verpasst und Destiny 2 – auch wenn es nicht in jeder Hinsicht mit aktuellen Spielen mithalten kann – fit für die nächsten Jahre gemacht.
…wann dann?
Die ganze bisherige Geschichte des Spiels zusammenzufassen, würde locker mehrere Seiten füllen. Gerade für Spieler, die mit Release der neuen Erweiterung erstmals damit liebäugeln, als Hüter für die Galaxis zu kämpfen, könnten vom Einstieg schnell überfordert sein. Dessen ist sich zum Glück auch Bungie bewusst, weshalb Jung-Hüter mit einem ausführlichen Tutorial Schritt für Schritt in die Spielmechaniken eingeführt werden. Einen großen Crashcurs in Sachen „Bisher bei Destiny 2…“ gibt es zwar nicht, trotzdem eignet sich Die Hexenkönigin optimal für den Einstieg in die ständig wachsende Welt. Denn hier laufen wie bereits erwähnt erstmals sämtliche Ereignisse der Geschichte zu einem roten Faden zusammen. Man könnte fast sagen, dass die Handlung des Spiels damit erst so richtig beginnt. Lediglich ein bisschen Vorwissen um den geheimnisvollen Reisenden sollte man mitbringen, dann findet man sich allgemein ganz brauchbar im Kosmos zurecht.
All diese Inhalte sind übrigens nicht Teil der Free-2-Play-Erfahrung. Natürlich könnt ihr Destiny 2 auch weiterhin in dieser Version antesten und ausgewählte Inhalte aus PvE und PvP inklusive saisonaler Stories erleben. Für das volle Erlebnis kommt ihr um einen Kauf jedoch nicht herum. Ab vierzig Euro beginnt der Spaß, mit den teureren Editions erhaltet ihr lediglich einige zusätzliche Inhalte, die sich aber wie das umfangreiche Mikrotransaktionssystem nicht störend auf die Spielbalance auswirken – was gut ist, denn die Unmengen optionalen an Cosmetics, Emotes und Co. sind teilweise unverschämt teuer. Wie immer könnt ihr euch für den neuen Content mit Freunden zusammentun, euch als einsamer Wolf versuchen oder notfalls einfach auf fremde Kumpanen vertrauen. Kurzum: Es gibt keinen besseren Zeitpunkt, um seine Reise zu beginnen.
Neue Features wie das Schmieden von Waffen könnt ihr dabei übrigens erstmal ganz entspannt Nebensache bleiben lassen. Das wird erst im Endgame richtig interessant und soll in erster Linie dem ewigen Grind nach bestimmten Perks entgegenwirken. So richtig zufrieden bin ich mit der ganzen Mechanik aber momentan noch nicht. Gerade zu Beginn sind die verfügbaren Perks eher uninteressant, mächtigere Formen als die anfänglich ausgegebenen Grundversionen zwingen einen über kurz oder lang wieder in den Grind. Der ist dafür aufgrund klar strukturierter Ziele wesentlich angenehmer zu ertragen als das ewige Wiederholen instanzierter Inhalte, nur um selbst nach dem zwanzigsten Durchlauf wieder nur Waffen mit ungewollten Boni in den Händen zu halten. Mit den neuen Glefen hat es übrigens auch ein komplett neuer Waffentypus ins Spiel geschafft, der vor allem Nahkämpfer begeistern dürfte und das bestehende Arsenal sinnvolle ergänzt.
„Zugegeben, dass Destiny 2 sich über die Jahre so potent entwickeln würde, hätte ich damals nach dem schwachen Einstieg kaum erwartet. Andererseits hat der Vorgänger ähnlich schwach angefangen und ist dann mit Erweiterungen wie The Forsaken zu Höchstleistungen aufgelaufen. Die Hexenkönigin liefert nicht nur die bisher beste Story im Zyklus, sondern spielt sich auch sehr viel runder. Mit vielen interessanten neuen Features, einer überraschend guten Einsteigerfreundlichkeit abseits der wie immer knackigen Schwierigkeitsgrades und guten technischen Upgrades gab es nie eine bessere Gelegenheit, als Hüter im Kampf um die Zukunft des Universums mitzumischen. Wer dem klassischen Prinzip des Lootshooters aber bei allem Positiven bisher nichts abgewinnen konnte, dürfte mit Destiny 2 auch weiterhin kaum glücklich werden.“
PRO:
+ Abwechslungsreiche, toll designte neue Welt
+ Spannende, wendungsreiche Geschichte
+ Solider Gesamtumfang
+ Einige sinnvolle neue Features
+ Wahlweise alleine, mit Freunden oder Fremden absolvierbar
+ Gutes Tutorial für neue Hüter
+ Legendäre Schwierigkeit von Anfang an verfügbar
+ Anhaltend starke PvP-Komponente
– Eigenbau-Waffen gegenwärtig noch mit viel Verbesserungspotenzial
– Nur wenige neue kompetive Inhalte
– Für Quereinsteiger keine adäquate Zusammenfassung bisheriger Ereignisse
Ein Rezensionsmuster ist uns freundlicherweise vorab zur Verfügung gestellt worden.
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