Deponia Doomsday™
Getestet und verfasst von General M Seit dem Ende von LucasGames blickte ich lange Zeit schmerzlich und sehnsüchtig zurück zu den guten alten Zeiten, als die mittlerweile aufgelöste Spielschmiede mit ihren zahlreichen legendären Adventures wie der Monkey Island – Reihe, Indiana Jones oder Day of the Tentacle neue Maßstäbe im Genre setzten. Aber spätestens seit den Titeln “Harvey’s neue Augen”, “Edna bricht aus” oder “A new Beginnining” kann man eines mit Sicherheit sagen: Die besten Adventures kommen mittlerweile aus Deutschland. Genauer gesagt aus Hamburg, von Daedalic Entertainment. Unter der kreativen Leitung und Regie von Jan Müller – Michaelis entstand ein Klassiker nach dem anderen, der angefangen von der liebevollen Inszenierung bis hin zu skurrilen Charakteren, fantastischem Humor und einer exzellenten Vertonung viele der alten Kindheitsklassiker nicht nur qualitativ erreichte, sondern sie sogar übertrumpfte.
Die Deponia – Trilogie lässt sich zweifelsfrei zu diesen modernen Klassikern im Bereich der Point and Click – Adventures zählen. Die Abenteuer um den liebenswerten, gnadenlos von sich selbst überzeugten Chaoten Rufus, der seinen Planeten Deponia und dessen zahlreiche Einwohner vor der Zerstörung durch den fiesen Organon retten muss. Ich oute mich als großen Fan der Reihe. Als solcher war ich über das Ende des dritten Teils entsetzt. Es konnte nicht so enden. Es durfte nicht so enden. Natürlich habe ich mir daher still und heimlich gewünscht, dass eine weitere Fortsetzung erscheinen wird. Mein Wunsch wurde erhört. Mit Deponia Doomsday erschien am 2. März der vierte Teil der Reihe. Dieser ist allerdings weder Prequel, noch Sequel. Warum das so ist? Ich nehme euch mit auf eine Reise durch die Zeit!
Temporale Probleme und Ned Flanders
Anstatt die Handlung nach dem dritten Teil fortzusetzen, beginnt Doomsday vor den Ereignissen des ersten Teils. Protagonist Rufus wird von eigenartigen Träumen heimgesucht, welche eine düstere Zukunft voraussagen. Was Spieler der Trilogie bereits erahnen können, ist für Rufus dagegen völlig neu. Der Tagträumer ist wieder mal dabei, eine seiner Konstruktionen zu testen, die ihn und seine Freundin Toni vom Schrottplaneten fortbringen sollen. Rauf nach Elysium, einer edenhaften Raumstation, die weit oben am Himmel schwebt und für die Normalsterblichen am Boden anders nicht erreichbar ist. Als jedoch der exzentrische Professor McChronicle mit seiner Zeitmaschine neben Rufus Hütte auftaucht und dabei das kostbare Kristall von Rufus launischer Freundin zerscheppert, beginnt ein ganz neues Abenteuer. Dabei erinnert der Professor nicht nur vom Aussehen stark dem von Homer Simpsons kirchentreuen Nachbarn Ned Flanders, er teilt sich in der Deutschen Fassung auch die gleiche Stimme. Spätestens mit der ersten Reise zurück in die Zeit beginnt ein neues Abenteuer voller Witz, Charme und einem gewohnt moralischen Unterton, welches auch zum Nachdenken anregt. Das Spiel mit der Zeit ist gefährlich. Und oftmals sind die Konsequenzen daraus noch verheerender als der Ausgang, den man so verzweifelt zu ändern versucht. Bis zum großen Finale darf jedoch wieder viel gerätselt und gelacht werden. Spätestens dann bemerkt man jedoch, dass das unbefriedigende Ende des Dritten Teils nie zur Korrektur vorgesehen war. Ein fader Beigeschmack bleibt zurück, dennoch muss man als Spieler auch mit Respekt an die Idee des Schöpfers akzeptieren, dass darin eben die Intention liegt. Zumal sich Anspielungen zum von Kritikern bemängelten Ende im ganzen Spiel finden lassen.
Das saubere Einparken des Professor unter Anleitung von Rufus, der sich zu Beginn nichts mehr wünscht, als das kostbare Kristall der temperamentvollen Toni wieder in seinen Ursprungszustand zu versetzen, scheitert permanent an der Ablenkung durch einen seltsamen rosa Elefanten. Es gilt also, den verflixten Vierbeiner irgendwie aus dem Weg zu räumen. Schon haben wir eine erste Aufgabe, die sich natürlich nicht auf einfachem Wege lösen lässt, sondern zahlreiche Überlegungen, Tricks und Improvisationsgeschick erfordert. Auch das Spiel mit der Zeit spielt hierbei eine wichtige Rolle, da zu gewissen Zeitpunkten erforderlich ist, das gesamte Geschehen erneut an den Anfang zurückzusetzen, nachdem bestimmte Aktionen erfüllt worden sind. Die Rätsel schwanken in Sachen Schwierigkeit dabei relativ stark. Es gibt Momente, wo die Lösung auf der Hand liegt.
Ein anderes Mal bleibt einem nichts übrig, als solange Dinge miteinander zu kombinieren, bis sich dabei etwas Brauchbares ergibt, dass uns womöglich weiterhilft. Ärgerlich dabei ist, dass der neueste Teil gänzlich auf die Hilfen der Vorgänger verzichtet, die einem in Momenten des Stillstands mit hilfreichen Tipps zur Hand gingen, ohne dabei zu viel zu verraten. Wer also dieses Mal feststeckt, muss entweder geduldig ausprobieren, oder eine Komplettlösung aus dem Internet zur Hand nehmen. Dennoch darf man sagen, dass es den Entwicklern auch dieses Mal wieder gelungen ist, die zahlreichen Rätsel sinnvoll in die Geschichte zu integrieren. Zu keiner Zeit hatte ich das Gefühl, dass die Rätsel aufgesetzt und zwanghaft wirken, wenngleich manche Rätsel selbst mir als Veteranen etwas übertrieben schwer vorkamen. Das gilt besonders für die teilweise nervigen Minispiele, die aber zum Glück wie in den Vorgängern übersprungen werden können.
Alte Bekannte
Neben zahlreichen neuen Charakteren begegnet man im Spielverlauf auch vielen liebgewonnen Charakteren aus der Reihe. So hat auch Rufus große Liebe Goat wieder eine tragende Rolle im Spiel inne, aber auch Zwangstranse Lotti und der lethargisch wirkende Wenzel sind wieder mit von der Partie. Natürlich gibt es ebenso auch ein Wiedersehen mit dem Feind. Zu viel sei jedoch nicht verraten. Immerhin gibt es im Rahmen der circa 10 – 15 Stunden starken Geschichte eine Menge zu erleben und zu entdecken. Für ein Adventure ist der Umfang absolut angemessen. Auch der Preis ist mit circa 25€ auf Steam durchaus angemessen. Findige Spieler sollten jedoch nach der aktuellen Platin – Ausgabe der Computer Bild Spiele Ausschau halten. Diese enthält zum Preis von 10€ die Gold Edition des Spiels mitsamt Hülle und Cover sowie vielen weiteren Zusatzinhalten. Da kann man nun wirklich nicht meckern.
Technisch gewohnt liebevoll umgesetzt
Grafisch hat sich an der comichaften Inszenierung nichts geändert. Wie auch in den Vorgängern der Reihe und den anderen Klassikern von Daedalic setzt man wieder auf handgezeichnete und lebendige Hintergründe in einer Welt, die von einzigartigen und unverkennbaren Charakteren bevölkert sind. Diese sind hervorragend animiert und verleihen der Welt von Deponia viel Charme. All das ist natürlich auch mit moderater Hardware problemlos spielbar.
Auch bei der Bedienung gibt es nichts zu meckern. Die Steuerung geht ebenso wie die Menü- und Inventarführung unkompliziert und sauber von der Hand, so wie man es von dem Genre erwarten darf.
Fazit und Wertung
“Deponia Doomsday setzt die Geschichte um den Chaoten Rufus auf eine interessante Weise fort und ist durch die Bahn nicht nur gelungen, sondern auch ein weiterer Beweis dafür, welche Qualität die Adventures aus dem Hause Daedalic bieten. Dank der gewohnt tollen Sprecher, der liebevollen Grafik, sprühendem Witz und herausfordenden Rätseln kann das Spiel Genre – Veteranen ebenso ans Herz gelegt werden, wie auch Einsteigern. Wer die Vorgänger nicht kennt, findet trotzdem wunderbar ins Spiel hinein. Unbedingt ausprobieren!”
PRO:
+ Liebevoll animiertes Deponia
+ Sinnvolle Fortsetzung der Reihe
+ Straft Kritiker unterschwellig ab
+ Toller schwarzer Humor
+ Zeitreisen fügen sich gut in die Rätsel ein
+ Minispiele können übersprungen werden
+ Skurrile Charaktere
+ Gelungener Soundtrack
+ Exzellente Sprecher
+ Auch für Einsteiger der Reihe geeignet
+ Ordentlicher Umfang
+ Zugängliche Bedienung
+ Fairer Preis
– Keine Rätselhilfen enthalten
– Wenig überraschendes Ende
– Rätsel schwanken in Sachen Schwierigkeit
– Wenige, aber doch vorhandene Trial & Error – Passagen
– Nervige Minispiele
GESAMTWERTUNG: 89%