Der Anfang vom Anfang vom Ende
Und das ist eigentlich im Kern auch die ganze Story von Darksiders Genesis. Die etwas dünne Handlung wird abseits des eindrucksvoll gerenderten Opening Cinematic hauptsächlich in via Comiclook dargestellten, minimalistisch animierten Standbildern erzählt. Gut 15 Stunden dauert ein kompletter Durchgang, wobei ihr Euch vor Beginn jedes neuen Kapitels für einen von drei Schwierigkeitsgraden entscheiden könnt, die von Leicht bis Schwer mit gutem Balancing für den jeweiligen spielerischen Anspruch punkten können. Habt ihr das Spiel einmalig abgeschlossen, wird mit der Herausforderungsstufe “Apokalyptisch” ein vierter, nochmals anspruchsvollerer Schwierigkeitsgrad freigeschaltet, der zum erneuten Durchspielen motivieren soll. Die Rätsel bleiben jedoch immer identisch, beeinflusst werden dadurch vor allem die Kämpfe, von denen es gerade zum Ende hin etwas zu viele gibt, was die bis dahin angenehm ausgeglichene Balance zwischen Knobeln und Klopperei etwas aus dem Ruder laufen lässt.
Obwohl dem Prequel zum Erstling etwas mehr inhaltliche Tiefe sehr gut zu Gesicht gestanden hätte, fügen sich Setting und Szenario bestens in das bereits bestehende Universum ein, wobei mit Darksiders 1-3 sowieso längst ausreichend Handlungsnachschub vorhanden ist (zumindest auf PC, PlayStation 4 und XBOX One). Wer also mehr über die von Joe Madueira erschaffenen Charaktere und deren Welt erfahren will, wird mit dem Prequel als Einstieg brauchbar bedient.
Darksiders ist nicht Diablo
Fans eines Diablo III sollten allerdings nicht blind in der Hoffnung zu Darksiders Genesis greifen, dass sie es hier gleichermaßen mit einem auf Beutehatz wie klassenspezifischem Gameplay samt klassischer Talentbäume zu tun haben, denn dem ist nicht so. Stattdessen spielt sich das Spiel trotz isometrischer Perspektive durchgängig wie die Vorgänger, nämlich mit zentraler Betonung auf schnörkellose Action vor weitläufigen Kulissen und fortlaufend auftretenden Rätselpassagen, die sich nur durch den klugen Einsatz der jeweiligen Charakterfertigkeiten überwinden lassen. In dem Rahmen funktioniert das Gameplay aber wirklich gut, zumal man dieses Mal eben gleich zwei Reiter ins Feld führen darf, die nicht nur in Sachen Persönlichkeit nicht unterschiedlicher sein könnten. Franchiseveteranen werden sich an War (der hier ebenso wie sein Mitstreiter auch in der hiesigen Synchronfassung wieder mit englischem Namen angeredet wird) sicher noch bestens erinnern. Der eher wortkarge Recke stürzt sich am liebsten mit seinem Breitschwert in den Nahkampf und setzt statt Finesse bevorzugt auf wuchtige Attacken mit möglichst großem Wirkungsradius, kann mithilfe seiner Vorpalklinge aber auch weit entfernte Feinde und gelegentlich auch Schalter mühelos anvisieren.
Deutlich redseliger verhält sich dagegen Kumpan Strife, was gerade in den gemeinsamen Dialogen nicht selten für einige gute Humoreinlagen sorgt. Dass sich die beiden Reiterbuddies nämlich nicht wirklich grün sind, merkt man sofort. Trotzdem stellt das Plappermaul eine hervorragende Ergänzung im Kampf gegen Luzifer dar. Strife agiert im Gefecht deutlich agiler als War und macht bevorzugt von seinen Dolchen Gebrauch. Dazu gesellt sich außerdem ein Satz Pistolen mit schneller Feuergeschwindigkeit, was gerade gegen kleinere Gegnergruppen aus der Entfernung sehr effektiv ist. Wie bereits erwähnt ist der geschickte Einsatz der unterschiedlichen Reiterfertigkeiten essentiell, wenn es um die Bewältigung der vielen Kopfnüsse im Spiel geht. Kluge Zusammenarbeit ist der Schlüssel zum Erfolg, denn nur Strife kann beispielsweise mithilfe von Portalen Gegenstände an Orte bringen, an die der schwerfällige War ohne Hilfe nie gelangen könnte. Besonders im KoOp gehen solche Passagen angenehm flüssig von der Hand, aber auch Solisten können dank des zugänglichen Bedienschemas jederzeit problemlos zwischen den Reitern hin- und herwechseln. Nachteile entstehen dadurch keine, denn erhaltene Erfahrung wird beiden Charakteren gutgeschrieben. Ärger macht dafür aber gerne mal die Kameraperspektive, denn statt Sichthindernisse wie beispielsweise Gebirge beim Passieren einfach transparent zu gestalten, bekommt man dahinter lediglich die Schemen der Charaktere und Gegner zu sehen. Das raubt nicht nur Übersicht, sondern kann auch zu frustrierenden Trial and Error – Passagen führen.
Ein waschechtes Talentsystem gibt es aber nicht, stattdessen können die festgelegten Fertigkeiten im weiteren Spielverlauf lediglich in ihrer Wirkungskraft verbessert werden. Von Gegnern fallengelassene Kerne bieten in genügender Anzahl immerhin Perks, die man über ein schachbrettähnliches System aktivieren kann. Für alles andere bietet sich einmal mehr der altbekannte Seelenschacherer Vulgrim an, der im Hubareal des Spiels nicht nur mitgeführte Tränke wieder auffüllen kann, sondern auch neue Angriffe und Munitionstypen zum Kauf offeriert, wobei die Preise natürlich stetig ansteigen. Das wirklich gute Zeug kostet aber nicht nur Seelen, sondern auch Fährmannsmünzen. Die finden sich in Form von Collectibles über sämtliche Kapitel verstreut. Und zum Sammeln bietet Darksiders Genesis wirklich eine Menge. Versteckte Kisten, Nebenmissionen und Lebens- bzw. Zornkerne erfordern aber nicht selten Fertigkeiten, über welche die beiden Reiter erst später im Spiel verfügen, weshalb viele Kapitel mehrfach besucht werden müssen, um War und Strife ans Maximum ihrer Leistungsfähigkeit zu bringen. Ärgerlich: Bei jedem neuen Besuch wird sämtlicher Handlungsfortschritt komplett zurückgesetzt, das gewählte Kapitel muss von Anfang bis Ende komplett von vorne absolviert werden, es existieren zudem auch keine Schnellreisepunkte. Dass die Karte zudem alles anzeigt, nur nicht die Position des Spielers, macht die Orientierung beim erneuten Durchforsten leider nicht einfacher.
Was kann die späte Konsolenfassung?
Obwohl ein Spiel wie Darksiders Genesis geradezu nach Konsole schreit, wurde zunächst exklusiv der PC versorgt. Dort überzeugte die zum Einsatz gebrachte Unreal Engine 4 durch gewohnt schicke Beleuchtung und angenehm schnelles wie schnörkelloses Gameplay. Knapp drei Monate später ziehen die Konsolen nach, neben PlayStation 4 und XBOX One ist das Spiel nun auch für die Nintendo Switch und die Google Stadia erschienen. Letztere haben wir allerdings nicht vorliegen gehabt, weswegen sich unsere Erkenntnisse ausschließlich auf die drei Erstgenannten beziehen. Der große Wermutstropfen: Anders als auf dem PC darf man als Konsolero über sämtliche Plattformen lediglich mit halbierter Bildrate ran. XBOX One X und PlayStation 4 bieten höhere Auflösungen als die Standardmodelle, erreichen aber beide kein natives 4K. Weil die gegenwärtig leistungsstärkste Konsole der Welt aus dem Hause Microsoft mit wenigstens 1800p aber höhere Werte erreicht als die PlayStation 4 PRO, kann man sich dort zumindest über die im Konsolensegment beste Bildqualität freuen. Das vollständige Fehlen einer Leistungsoption zugunsten niedriger Auflösungen ist allerdings mehr als ärgerlich, denn Spiele wie diese leben sehr von ihrem Tempo, weshalb der PC mit der Möglichkeit unbegrenzter Bildraten hier deutlich die Nase vorne hat.
Alles andere ist im direkten Vergleich eher zu vernachlässigen, denn aufgrund der isometrischen Perspektive, die zudem recht weit aus dem Geschehen herauszoomt, fallen marginale Unterschiede wie etwas krispere Schatten und Co. kaum auf. Auf den Basismodellen bleibt es übrigens bei 1080p für die PlayStation 4 und den üblichen 900p für die XBOX One S. Die größten Abstriche müssen dafür Nutzer der Nintendo Switch hinnehmen. Um dort auf das Minimum von 30 Bildern pro Sekunde zu gelangen, wurde die Grafikqualität ordentlich zurückgeschraubt. Gerade im Handheldmodus resultiert das in einem sehr matschigen, detailarmen Bild, dass sogar Textpassagen nur noch schwer lesbar macht. Besser wird´s im Dock, aber auch dort erreicht das Bild nicht die Qualität der übrigen Konsolen. Spielbar ist Darksiders Genesis auf der Switch aber allemal, besonders weil der nahtlose Einstieg eines zweiten Spielers hier noch besser von der Hand geht als beim Rest. Egal, auf welcher Konsole man letztendlich spielt, mit Rucklern und gelegentlichen Slowdowns muss man zusätzlich zum etwas zu gemächlichen Tempo aller Portierungen abseits der PC-Version ebenfalls leben. In Sachen technischer Optimierung gibt es also jede Menge Nachholbedarf, der auch durch den fairen Preis nicht zufriedenstellend kompensiert werden kann.
Immerhin geht die Bedienung über alle Fassungen sehr gut von der Hand, selbst via Joy Con´s ist das Spiel hervorragend steuerbar, was in erster Linie den Twin Stick – Mechaniken angerechnet werden darf. Trotzdem schadet es nicht, auch unterwegs zum Controller zu greifen. Übrigens, die KoOp – Komponente funktioniert sowohl im Multiplayer über Internet, als auch über lokalen Splitscreen sehr gut. Erwähnenswert ist zuletzt noch der passende, exzellent orchestrierte Soundtrack in allerbester Serientradition sowie die vorbildliche deutsche Synchronfassung. Für die Rolle des Krieg konnten die Macher glücklicherweise einmal mehr Volker Wolf gewinnen, der dem Reiter bereits im ersten Darksiders seine markante Stimme geliehen hat. Wer sich übrigens fragt, wo er dessen Stimme bereits hören durfte: Wolf spricht nahezu sämtliche Trailer bei VOX. Und wenn man das erstmal weiß, lässt es einen irgendwie nicht mehr los.
Fazit und Wertung
“Darksiders Genesis ist ein interessantes Experiment geworden. Dass sich das klassische Third Person-Prinzip der drei Hauptableger so effektiv in die isometrische Perspektive übertragen lässt, hat selbst mich positiv überrascht, obwohl gelegentliche Probleme bei der Perspektive die ganze Sache dann doch etwas ankratzen. Davon abgesehen funktioniert die Umsetzung aus der Vogelperspektive wirklich gut und macht dank guter KoOp-Einbindung und angenehm vertrautem Spielprinzip auch mit einem Kumpel auch an der Konsole kurzweilig Spaß. Die schwache Story, nur rudimentäre Fähigkeiten- und Talentoptionen sowie der stetige Zwang zur Kapitelneuabsolvierung bei Aufräumdurchgängen enttäuschen dagegen sowohl inhaltlich wie mechanisch. Und dank der schwachen Optimierung der Konsolenfassungen ist man mit der bereits erhältlichen PC-Version mitsamt nativem 4K ohnehin immer noch am besten bedient.”
PRO:
+ Stimmiger Look
+ Abwechslungsreiche Areale
+ Auch in isometrischer Perspektive ein klassisches Darksiders
+ War und Strife spielen sich spürbar unterschiedlich…
+ …und liefern sich teils humorvolle Schlagabtausche
+ Unaufdringliche Knobelpassagen
+ Vier gut ausbalancierte Schwierigkeitsstufen
+ Angenehm taktische Bosskämpfe
+ Guter Gesamtumfang
+ Schnörkellos integrierte, komplett optionale KoOp – Komponente
+ Solisten müssen keinerlei Abstriche hinnehmen
+ Gute deutsche Sprecher
+ Atmosphärischer Soundtrack
+ Zugängliche Bedienung über sämtliche Plattformen
CONTRA:
– Halbierte Bildrate nimmt spürbar Tempo aus dem Spiel
– Gelegentlich auftretende Ruckler und Slowdowns
– Kamera- und Perspektivenprobleme sorgen für Frustmomente
– Grafisch stark abgespeckte Switch – Portierung
– Eher dünne Story
– Sehr linear, daher nur wenig Wiederspielwert
– Minimalistisch inszenierte Zwischensequenzen
– Strife bleibt hintergrundtechnisch einmal mehr zu blass
– Erneute Kapitelbesuche zwingen zur kompletten Neuabsolvierung
– Keine Schnellreisepunkte
– Karten zeigen Spielerposition nicht an
– Sehr rudimentäres Fertigkeiten- und Talentsystem
GESAMTWERTUNG: 7.5/10
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