Die erste Staffel
Star Trek war und ist immer dann am besten, wenn es um künstliches Leben und den Umgang damit geht. Einige der besten Folgen sämtlicher Ableger handeln davon und bleiben oft über Jahre im Gedächtnis. Unter der kreativen Leitung von Pulitzerpreisträger Michael Chabon, der für ein solches Thema geradezu prädestiniert ist, vertieft Picard alle bisherigen Ansätze und führt diese einem überfälligen Höhepunkt zu. Die ureigene Angst humanoider Wesen, eines Tages von ihre künstlichen Schöpfungen abgelöst zu werden, ist dabei keineswegs neu und zieht sich seit jeher durch zahlreiche Geschichten. Dass solches Leben aber auch schützenswert ist, demonstriert die Serie im Rahmen ihrer ersten zehn Episoden recht eindrucksvoll, wenngleich aufgrund plötzlicher Zeitsprünge und gelegentlicher Überkomplizierung nicht immer vollständig gelungen. Gleichzeitig ist es die Geschichte eines Mannes, der in den letzten Zyklen seines Lebens noch einmal beweisen will, dass er entgegen aller Widerstände noch Gutes im Universum bewirken kann.
Dieser Picard ist nicht mehr der, von dem man sich vor gut zwanzig Jahren am Ende von Star Trek: Nemesis verabschiedet hat, sondern muss erst wieder zu seinen Wurzeln zurückfinden. Dieser Prozess wird glaubhaft dargestellt und baut ganz bewusst darauf, dass Fans von The Next Generation und deren Filmen der Figur zunächst etwas distanziert gegenüberstehen, ehe sie wieder voll und ganz mit dessen Wesen und Handlungen verschmelzen können. Das mittlerweile recht hohe Alter des Hauptdarstellers ist dabei kein Problem, sondern wird stimmig, gelegentlich sogar mit etwas Selbstironie in die Handlung eingebunden. Und natürlich darf man sich über einige Gastauftritte bekannter Crewmitglieder aus vergangenen Tagen freuen, zusätzlich zu einigen überraschenden Wiederkehrern aus einem weit entfernten Quadranten. Der restliche Cast, besonders Nachwuchsdarstellerin Isa Briones in einer Doppelrolle, weiß zu überzeugen und ist mit jeder Menge Spielfreude bei der Sache. Und obwohl die Effekte nicht ganz an die Qualität aktueller Kinoproduktionen heranreichen und sich das Drehbuch gelegentlich etwas zu sehr in philosophischen Aspekten verheddert, trifft Star Trek: Picard für mich viel mehr den Kern der Serie als das zwiespältig von Fans aufgenommene Discovery.
Die erste Staffel ist mehr oder weniger in sich abgeschlossen, auf die Crew der La Sirena warten letztendlich neue Abenteuer. Eine Fortsetzung ist längst in Produktion. Wenn dann der wissenschaftliche Aspekt und die Erforschung neuer Kulturen wieder stärker in den Mittelpunkt rückt, können wir nur hoffen, dass Picard uns als Serie wie auch als Charakter noch einige Jahre erhalten bleiben wird. Potenzial für spannende Geschichten dort, wo noch kein Mensch zuvor gewesen ist, gibt es definitiv genug. Genau das hat für mich immer den Reiz am Franchise von Gene Roddenberry ausgemacht. Wo Star Wars viel Effektkrawall bei wenig Figurentiefe und Story präsentiert, verfolgt Star Trek einen viel ausgeglicheneren Ansatz mit höheren Fokus auf seine Figuren und deren Leben in einer weit entfernten Zukunft. Ich jedenfalls freue mich schon jetzt sehr auf neue Folgen, die allerdings mit hoher Wahrscheinlichkeit erst nach Ende der gegenwärtigen Pandemie aufschlagen werden. Das Warten dürfte sich aber lohnen. Machen Sie es so!
Die Blu-Ray´s
Zehn Episoden verteilt auf drei Silberlinge bedeuten zumindest schon einmal, dass man sich um große Kompressionsschwierigkeiten keine Sorgen machen muss. Weltweit liegt die Serie ausschließlich in 1080p vor, weshalb eine Veröffentlich als UHD entsprechend wenig Sinn macht, obwohl die Vermutung naheliegt, dass der Produktion jeweils 2K Digital Intermediates zugrunde liegen und diese in hochskalierter Form sicher noch das ein oder andere Quentchen an Qualität hätten herauskitzeln können. Was der geneigte Käufer aber letztendlich bekommt, kann sich ebenfalls sehen lassen. Schärfetechnisch bewegt sich jede Episode auf höchstem Niveau. Nicht nur kleine Details im Interieur, sondern auch auf den Gesichtern der Darsteller sind problemlos auszumachen – all das bei einer vorbildlichen Laufruhe. Lediglich in dunkleren Szenen ist ein feines Rauschen auszumachen, was wohl wirklich der Kompression angekreidet werden muss, andererseits aber auch nie störend ins Gewicht fällt.
Farblich passt sich die Serie jederzeit dem Ort ihres Geschehens an. An Bord von Raumschiffen wird meistens eine bewusst kühle Palette mit Blau- und Silbertönen gewählt, während Außenareale eher von erdig-warmen Paletten dominiert werden. Alles wirkt angenehm natürlich, besonders die Hauttöne leiden nie unter der farblichen Umgebung, was die Blu-Ray absolut auszeichnet. Selbst im Kontrastbereich kann man nicht klagen. Kräftige, nuancierte Schwarzanteile liefern selbst im finsteren Kubus der Borg beste Übersicht, ohne dass dabei Details versumpfen. Etwas anderes wäre im Rahmen einer so hochpreisigen Produktion auch verdammt enttäuschend gewesen. Der Mehrwert im Vergleich zum Stream über Amazon Prime ist durchaus gegeben, geht man von einer bestmöglichen Internetverbindung aus, halten sich die Unterschiede aber allgemein in Grenzen. Allem voran die bessere Komprimierung und geringfügig bessere Detaildarstellung sind hier ausschlaggebend. Wer sich die Serie aber einfach zusätzlich als Sammler ins Regal stellen will, kann das mit gutem Gewissen tun.
Wie schon im Stream liegt der deutsche Ton hier im Format Dolby Digital 5.1 vor, was zwar alles andere als zeitgemäß und bei Paramount sowieso nicht anders zu erwarten ist, allerdings werden Serien immer noch eher selten mit verlustfreien Tonspuren ausgestrahlt, weshalb man selbst den englischen Originalton nicht in besserer Form findet. Obwohl gerade bei den Umgebungsgeräuschen etwas mehr Dynamik und Kraft wünschenswert gewesen wäre, liefert der Sound ganz gleich in welcher Sprache ein mehr als solides Erlebnis. Die Dialogwiedergabe im Center ist exzellent, der atmosphärische Soundtrack über sämtliche Lautsprecher hörbar, ohne dabei je übermäßig dominant zu sein und die Effekte überzeugen durch eine jederzeit korrekte Platzierung. Dabei darf auch der Subwoofer immer mal wieder mitgehen, auch wenn Picard sich insgesamt mehr auf Dialoge fokussiert und weniger auf Fließbandaction, weswegen der Basskasten weniger zu tun bekommt, als man sich vielleicht erhoffen würde.
Die Extras
Fazit
“Lange mussten Fans ausharren, bis einer der legendärsten Schiffsführer der Sternenflotte endlich wieder das All unsicher macht. Die Wartezeit hat sich gelohnt, denn Star Trek: Picard zählt trotz kleiner inhaltlicher Schwächen zum Besten, was das umfangreiche Franchise auf Basis der Schöpfungen von Gene Roddenberry seit den drei Serien Voyager, Deep Space Nine und The Next Generation hervorgebracht hat. Eine spannende Story, vielschichtige Charaktere und ein ungewohnt düsteres Setting verleihen der ersten Staffel genügend Stärken, um selbst Ferengi neugierig zu machen. Die Weichen für weitere vielversprechende Staffeln sind damit definitiv gestellt. Und dank einer insgesamt gelungenen Heimkinoauswertung kann diese umso mehr beruhigt in die Sammlung wandern. Wegtreten!”
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