Der Film
Nur wenige Minuten nachdem die Macher Miles über seine IP-Adresse ausfindig gemacht haben, steht auch schon ein Killerkommando in seinem Wohnzimmer. Am nächsten Morgen erwacht der Programmierer verkatert in seinem Bett und muss entsetzt feststellen, dass ihm auf chirurgischem Wege zwei Pistolen an die Hände geschraubt worden sind. Als neuester Kandidat von Skizm soll er nun für seine Taten büßen. Und seine Gegnerin ist niemand geringeres als Nix, die bereits Miles´ Fährte aufgenommen hat. Nur mit einem Bademantel und einem Paar ausgefallener Stoffpantoffeln bekleidet tritt Miles eine wilde Flucht durch die Straßen von Shrapnel City an. Doch selbst die Ex verhält sich erwartungsgemäß nicht gerade hilfsbereit, wenn man sich ihr schwerbewaffnet präsentiert. Als die Verantwortlichen sogar Nova in ihre Gewalt bringen, um Miles zum Mitspielen zu zwingen, entschließt der sich zum längst überfälligen Kampf und verbündet sich dafür ausgerechnet mit seiner ärgsten Feindin…
Die Rezension
Zugegeben, die Qualität eines Crank oder Shoot ´em up erreicht Guns Akimbo nie so ganz, obwohl man sich alle Mühen gibt, es mit den Vorbildern aufzunehmen. Fans derber Action mit Hang zur hemmunglosen Überzeichung sollten das Ticket für Skizm trotzdem lösen. Dann erwarten einen knapp über neunzig Minuten Dauerfeuer mit schrägen Charakteren, markigen Sprüchen und gnadenlosem Humor, der besonders dank seiner beiden grandios aufspielenden Hauptdarsteller trotz Schwächen wahnsinnig gut unterhält. Gerade in Sachen Tempo hätte der Film konsequenter sein können. So muss man sich bis zum explosiven Finale immer wieder mit einigem Leerlauf plagen, was dem Ablauf nicht wirklich gut steht. Da punkten die Vorbilder mit ihrem konsequenten Tempo einfach wesentlich mehr. In deutschen Kinos leider um seine härtesten Spitzen beraubt, darf man sich im Heimkino zum Glück über die unzensierte Fassung freuen.
Dass Jason Lei Howden seinen Film ganz auf ein Publikum zugeschnitten hat, welches ebenfalls viel Zeit in virtuellem Raum verbringt wie Miles, mag chronische Technikfeinde umso mehr abschrecken. Entsprechendes Basiswissen über gegenwärtige Pop- und Medienkultur sollte man für den bestmöglichen Genuss definitiv mitbringen. Zu sehen, wie sich der ehemalige Harry Potter-Darsteller Daniel Radcliffe in verwahrlostem Zustand durch eine fiktive Großstadt tummelt, ist dann umso grandioser. Und auch Samara Weaving hat sichtbar Spaß an ihrer Rolle als durchgeknallte Schlächterin. Die Chemie stimmt. Heimliches Highlight ist für mich aber neben dem Versuch, die Toilette zu nutzen ohne sich dabei den Schwanz wegzuschießen, Rhys Darby als cracksüchtiger Obdachloser, der hier für Lacher am Fließband sorgt und wesentlich mehr Screentime verdient hätte.
Obwohl Guns Akimbo wohl auch pandemiebedingt kein großer Erfolg an den Kinokassen beschieden war, bin ich der festen Überzeugung, dass der Film über die kommenden Jahre sein Publikum finden wird. Die insgeheim geübte Sozialkritik wird effektiv an den Zuschauer herangetragen, nicht selten erkennt man in den jubelnden Zuschauern das ureigene menschliche Vergnügen am Leid anderer Menschen wieder, sofern es nur bunt, laut und effektreich gezeigt wird. Genug Leute amüsieren sich jedes Jahr an Dschungelcamp und Co., da ist Skizm auch nur eine tödlichere Variante. Aber ich will hier nicht auf Moralapostel machen. Mir hat der Film wirklich gut gefallen und ich bin ganz sicher, ihn nicht zum letzten Mal gesehen zu haben. Bei allen Schwächen überwiegen die Stärken hier definitiv. Im schwachen Kinojahr 2020 definitiv eine Empfehlung wert.
Die Blu-Ray
Gedreht wurde mit der Red Weapon Monstro, die bis zu 8K am Output anlegt. Basierend darauf entstand in der Postproduktion dann ein 4K Digital Intermediate, welches nun auch als Basis der Blu-Ray fungiert. Umso mehr ist da natürlich ärgerlich, dass man hierzulande komplett auf eine Auswertung als UHD verzichtet hat. Aber selbst in herabskalierter Form muss sich die Scheibe absolut nicht verstecken. Besonders in Nahaufnahmen ist der Detailreichtum referenzwürdig, aber auch hintergründige Darstellungen sind nahezu durchgehend knackscharf und offenbaren zahlreiche Feinheiten. Das Bild ist extrem ruhig und komplett rauschfrei. Farblich setzt der Film ganz bewusst auf knallige Paletten.
Das passt aber prima zum Setting und ist deswegen nicht als Minuspunkt zu werten. Highlights gibt es massig zu bestaunen. Bei den Kontrasten punktet die Blu-Ray vor allem mit kräftigen Schwarzanteilen, welche selbst in dunklen Szenen für eine optimale Durchzeichnung sorgen. In helleren Sequenzen kann sich die Kontrastgebung ebenfalls sehen lassen, kommt dann aber nicht ohne gelegentliche Überstrahlungen aus.
Im Audiosegment gibt es dank jeweils deutscher und englischer Masterspur ordentlich was auf die Ohren. Beide lassen von Anfang an konstant die Muskeln spielen und begeistern durch hervorragende Aktivität im ganzen Raum mit angenehm hoher Dynamik und sauber platzierten Effekten. Schusswechsel, Explosionen und Co. bewegen sich eindrucksvoll durch den Raum, so dass man sich jederzeit mitten im Geschehen wägen darf. Lediglich die Bässe hätten etwas mehr Power vertragen können. Das ist aber wirklich Meckern auf hohem Niveau, denn abseits davon macht die Abmischung alles richtig und überzeugt überdies auch mit guter Dialogverständlichkeit im Center. Besitzer einer hochwertigen Heimkinoanlage dürfen sich definitiv auf ein Spektakel einstellen.
Die Extras
Im Bonusmaterial des Films wartet ein elfminütiger Blick hinter die Kulissen auf alle interessierten Zuschauer, die gerne mehr über die Herstellung wissen möchten. Begleitet wird man dabei von Daniel Radcliffe persönlich und informativ ist das Ganze durchaus, allerdings hat Leonine auch dieses Mal wieder komplett auf eine deutsche Untertitelung verzichtet, was es für nicht der englischen Sprache mächtige Zuschauer einmal mehr arg erschweren dürfte, den Auskünften zu folgen. Den Trailer zum Film gibt´s obendrauf.
Fazit
“Mehr konstantes Tempo und mehr Spielraum für den Penner, Guns Akimbo wäre das Crank der Generation YouTube geworden. So bleibt immer noch ein herrlich überzeichnetes Actionspektakel mit zwei hervorragend aufgelegten Hauptdarstellern, dass sich trotz seiner Schwächen für ein erneutes Sichten empfiehlt. Die wenige subtile Sozialkritik vergisst man im Angesicht des Geschehens schnell. Aber man muss ja auch nicht immer überall die Moralkeule schwingen. Hirn ausschalten und genießen ist hier die Devise. Noch verrückter ist wohl nur das Jahr selbst. Die dazugehörige Blu-Ray performt in fast allen Bereichen auf sehr hohem Niveau, lediglich die etwas mauen, nicht untertitelten Extras lassen einen etwas enttäuscht zurück.”
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