Der Film
Ohne großartig darüber nachzudenken, nutzt Misuzu die Gunst des Augenblicks und riskiert klammheimlich einen Blick unter den Rock ihrer Klassenkamerdin. Zu ihrem großen Entsetzen taut Haruka just in diesem Moment aus ihrer Starre auf, reagiert aber seltsamerweise alles andere als erschrocken auf die prekäre Situation. Als Misuzu am nächsten Tag einmal mehr die Zeit anhält, ist Haruka als einzige Person weiterhin nicht davon betroffen. Schon bald kommen sich die beiden Mädchen während ihrer gemeinsamen Abenteuer durch drei Minuten Stillstand näher und näher.
Mit der Zeit wird die fragile Beziehung zwischen den beiden ganz und gar unterschiedlichen Mädchen aber immer wieder auf die Probe gestellt. Während Misuzu zunehmend Schwierigkeiten damit hat, ihre Fähigkeit zu kontrollieren und damit Haruka gelegentlich gehörig auf die Nerven geht, verbirgt letztere ebenfalls ein gut gehütetes Geheimnis, welches die junge Liebe vor ganz neue Herausforderungen zu stellen droht…
Die Rezension
Die Zeit anhalten zu können ist schon eine tolle Sache, selbst wenn es nur drei Minuten sind. Irgendwie ironisch, dass drei Minuten zu wenig sind, um Instant-Kartoffelpüree anzurühren, aber mehr als genug, um sich zu verlieben. Dinge, mit denen sich die einmal mehr knapp bemessene Liebegeschichte zum Glück nicht groß herumplagt. Regisseur Takuya Sato ist es mit Fragtime einmal mehr gelungen, eine herzerwärmende Geschichte in relativ kurzer Laufzeit zu erzählen, macht dieses Mal aber einiges besser als noch beim etwas gehetzt wirkenden Vorgänger. Das mag auch daran liegen, dass die gleichnamige Mangavorlage ebenfalls nur über zwei Volumes verfügt.
So oder so, die mit übernatürlichen Elementen gespickte Lovestory funktioniert. Sato ist es gelungen, den Charme der Vorlage perfekt einzufangen. Gerade weil Misuzu und Haruka nicht unterschiedlicher sein könnten, fiebert man unweigerlich bei ihrem gemeinsamen Weg mit und begleitet beide gebannt durch Höhen und Tiefen. Dabei bleibt die Geschichte durchgehend überraschend bodenständig und verzichtet glücklicherweise auf unnötigen Schmonz. Obwohl der Aspekt der Zeitmanipulation natürlich allgegenwärtig ist, dominiert er niemals das Geschehen sondern dient beiden Protagonistinnen immer nur als Basis für ihre Beziehung. Warum aber ausgerechnet Haruka nicht wie alles andere auch in der Zeit festgefroren wird, ist nur eine der vielen Fragen rund um diese geheimnisvolle Gabe, auf deren Beantwortung man leider vergebens wartet.
Doch die Stärken von Fragtime überwiegen die wenigen Schwächen. Statt immer wieder die Zeit anzuhalten und aufkeimende Probleme damit spielend leicht zu lösen, motiviert der Film dazu, sich Schwierigkeiten zu stellen, Masken abzulegen und sich nicht vor dem zu verstecken, was einen im Kern eigentlich ausmacht. Ja, die Zeit anzuhalten kann eine praktische Gabe sein. Aber was nützt es, wenn sie uns davon abhält, uns gemeinsam mit der Welt nach vorne zu bewegen? Nach sechzig Minuten und viel Reflektion kommt man zu dem metaphorischen Schluss, dass es ganz gut ist, ein Normalsterblicher zu sein. Als solcher ist man aber immerhin um die Erinnerung an einen schönen, empfehlenswerten Film reicher. Und das ist auch doch was Gutes, oder?
Die Blu-Ray
Gerade einmal zwei Jahre hat der Film auf dem Buckel, was gemessen daran, wie lange es oftmals dauert, bis Werke aus Japan ihren Weg über den großen Teich zu uns finden, gar nicht so lange ist. Dementsprechend gut hält Fragtime technisch mit aktuellen Produktionen mit. Die Blu-Ray besticht mit durchgehend guter Schärfe, selbst feinere Konturen werden optimal herausgearbeitet. Farblich setzt der Film auf eine warme Palette mit zahlreichen satten Highlights, driftet dabei aber nie in Extreme ab, sondern erhält sich stets einen natürlichen Gesamtlook. Selbst bei der Kontrastgebung gibt es nichts zu bemängeln. Top!
Als Kinofeature konzipiert kommen wir sogar in den Genuss jeweils verlustfreier Tonspuren im Format DTS-HD MA 5.1, Deutsch und Japanisch stehen hier wie immer zur Auswahl, wobei für die japanische Tonspur optional zuschaltbare deutsche Untertitel verfügbar sind. Obwohl der Film primär dialoglastig ist und hier bereits in Sachen Dynamik und Verständlichkeit exzellent performt, gibt es immer wieder Gelegenheiten für gelungene Raumklangmomente. Das Rauschen des Meeres, der Trubel im Klassenzimmer oder dem Einkaufszentrum, all das und mehr kommt über die Tonspuren gut rüber und sorgt für ein seltenes Mittendringefühl in einer Welt, die in 99% aller Fälle eben nur Stereosound zu kennen scheint.
Dafür muss man sowohl bei der Blu-Ray als auch der DVD komplett auf Extras verzichten. Selbst bei der Aufmachung zeigt sich KAZÉ ungewohnt sparsam, eine schnöde Amaray im Pappschuber, das war´s dann auch schon. Dafür ist man preislich mit etwas unter fünfundzwanzig Euro gut bedient.
Fazit
“Für immer und drei Minuten, wie es hübsch passend formuliert auf den Schuber gedruckt wurde, so lange dauert Fragtime dann doch nicht. Nach einem guten Stündchen ist die Mangaadaption von Tear Studio auch schon wieder vorüber. Zeit, die man guten Gewissens investieren sollte, wenn man romantische Geschichten aus dem Girls-Love-Genre mag. Zwar lässt der Einschlag der Zeitmanipulation hier und da Fragen offen, alles andere wurde unter Verantwortung von Takuya Sato aber stimmig umgesetzt und punktet wie schon die Vorlage mit gut geschriebenen Charakteren, einem unerwarteten Twist und dem Verzicht auf Kitsch. Wer schon mit Kase-san and Morning Glories seine Freude hatte, wird auch hier ganz sicher zufrieden sein. Die Blu-Ray zum Film überzeugt in Bild und Ton ganz ohne Kompromisse, verzichtet dafür aber komplett auf Zusatzmaterial.”
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