Der Film
Bereits am ersten gemeinsamen Abend erzählt Marrow seinen Propanden die Geschichte über Hugh Crain, den längst verstorbenen Erbauer von „Hill House“. Der wohlhabene Fabrikbesitzer hatte das Herrenhaus einst für seine Frau erbaut, die allerdings unter geheimnisvollen Umständen ums Leben kam, noch bevor sie den verzweifelten Kinderwunsch ihres Ehemannes erfüllen konnte. Auch die nachfolgenden Ehen blieben kinderlos. Kurz darauf gehen im Anwesen immer eigenartigere Ereignisse vor sich. Geheimnisvolle Geräusche und Stimmen ohne offensichtlichen Ursprung hallen durch das ganze Haus, die scheinbar nur von Nell gehört werden können. Als die wenig später im Gewächshaus auf eine erhängten Körper stößt und auf dem Gemälde des ehemaligen Hausherren der Schriftzug „Willkommen zuhause, Eleanor“ auftaucht, glauben Marrow und Co. an einen Nervenzusammenbruch, schließlich ist von all ihren panischen Schilderungen später nichts mehr zu sehen.
Doch je mehr Zeit die abgeschotteten Gäste im Haus verbringen, desto eher wird klar, dass es dort tatsächlich nicht mit rechten Dingen zugeht. Während Nell dem ungeheuerlichen Geheimnis von Hugh Crain immer näher kommt und gleichzeitig feststellen muss, dass sie keineswegs zufällig unter den Teilnehmern gelandet ist, beschließt Dr. Marrow, seine Probanden so schnell wie möglich aus „Hill House“ zu evakuieren. Doch das Anwesen hat einen ganz eigenen Willen und ist keineswegs daran interessiert, seine Gäste und vor allem Nell ohne weiteres wieder gehen zu lassen. Dummerweise ist es bis zum rettenden Morgen noch verdammt lange hin…
Die Rezension
Das Geisterschloss basiert auf dem Roman Spuk in Hill House aus der Feder von Shirley Jackson und wurde seit seiner Erstveröffentlichung im Jahr 1959 bereits vier Jahre darauf höchst effektvoll von Regielegende Robert Wise verfilmt. Anders als die Neuauflage setzte die Erstinterpretation aber eher auf subtilen Horror, der ausschließlich im Kopf des Zuschauers entstand. Jan de Bont dagegen verließ sich bei seiner Umsetzung primär auf die damaligen Errungenschaften der Computertechnik und präsentiert den Grusel wesentlich visueller. Zwar sehen die Effekte nach über zwanzig Jahren alles andere vorzeigbar aus und, die exzellente Ausstattung und der stimmig-atmosphärische Look machen den Film aber immer noch zu einem angenehm kurzweiligen Ausflug zurück in die späten Neunziger, welche hier wirklich aus allen Poren triefen.
Echter Horror kommt dabei aber nicht mehr auf, dafür haben sich Ansprüche und Sehgewohnheiten in dem Genre seitdem einfach zu stark weiterentwickelt. Wer den Film dagegen durch die Retrobrille betrachtet, wird trotz überhastetem Ende und ein paar Längen gut unterhalten werden. Es sei denn, man kann sich nicht mit der Tatsache arrangieren, dass Owen Wilson hier in jedem zweiten Satz „Wow“ sagt. Daher muss offenbar das Meme stammen. Die Vermutung drängt sich zumindest auf. Sonst macht der Cast aber Spaß und Liam Neeson geht sowieso immer, auch wenn er hier nur als Nebendarsteller auftritt. Stattdessen liegt der Fokus auf Lili Taylor, die optisch sehr an die junge Jamie Lee Curtis in Halloween erinnert, ihre Rolle aber abseits davon so weinlich und labil anlegt, dass man eher froh ist, wenn die Kamera dem restlichen Cast folgt.
Alles in allem hat mich der Film aber positiv überrascht und es fällt mir schwer nachzuvollziehen, warum die Kritiken seinerzeit so schlecht ausgefallen sind. Wahrscheinlich war das Publikum in den Neunzigern so sehr auf das Slashergenre eingestellt, dass man einem besessenen Haus als Antagonist nicht das gleiche Interesse entgegenbringen wollte. In Scary Movie 2 wurde Das Geisterschloss sogar zentral auf die Schippe genommen. Erst Jahre später haben Paranormal Activity und Co. mit ähnlicher Thematik wieder einen Markt dafür geschaffen. Kein Wunder also, dass Netflix sich dem Werk längst erneut angenommen hat und eine mittlerweile über zwei Staffeln lange Serie im Programm hat, die ebenfalls sehr sehenswert ist.
Die Blu-Ray
Paramount meint es gut mit seinen Kunden und hat für die Blu-Ray einen komplett neuen Transfer in 4K vom analog gefilmten Originalmaster anfertigen lassen, übrigens höchstpersönlich überwacht und abgenickt vom Regisseur persönlich – irgendwas muss er ja schließlich tun. Das Ergebnis ist weit besser, als man es für gewöhnlich im Rahmen einer Katalogveröffentlichung erwarten würde. Obwohl gerade das CGI nun noch leichter zu entlarven ist als ohnehin schon, zeigt sich die Blu-Ray gegenüber der lange Jahre ausschließlich erhältlichen DVD um Meilen überleben. Was hier alleine an Definition rausgekitzelt wird, ist für einen über zwei Jahrzehnte alten Film echt eindrucksvoll. Nicht nur, dass sich Nahaufnahmen wunderbar detailreich präsentieren, auch die tollen Kulissen kommen in High Definition toll zur Geltung.
Weiche Shots gibt es immer nur da, wo viel CGI im Spiel ist, sonst ist der Film über seine Laufzeit von knapp unter zwei Stunden durchgehend knackscharf. Körnung ist vorhanden, untermalt das Geschehen aber auf sehr unaufdringliche Weise, selbst in dunkleren Szenen bleibt das Bild stabil. Geschuldet ist das auch den Kontrasten, besonders die Schwarzwerte tragen maßgeblich zur hervorragenden Dreidimensionalität des Bildes bei und lassen dabei nie Details versumpfen. Farblich dominieren wärmere Paletten, wie es in den Neunzigern eben auch bei Horrorfilmen üblich gewesen ist. Dementsprechend gesund wirken Hauttöne, gleichzeitig öffnet sich eine Menge Raum für poppige Highlights, welche der Film über Blu-Ray stets ausnutzen weiß. Bildtechnisch definitiv einer der besten Katalogtitel, die ich je auf dem Schreibtisch liegen hatte.
Beim Ton bleibt dagegen alles wie gehabt. Der taufrischen englischen Abmischung in Dolby TrueHD steht in der deutschen Variante weiterhin Altlast aus der DVD-Ära gegenüber. Hier bleibt es also bei Dolby Digital 5.1. Kann man so aber ausnahmsweise akzeptieren, denn davon abgesehen, dass die englische Tonspur geringfügig mehr Dynamik und etwas klarere Dialogwiedergabe bietet, sind die Unterschiede zur deutschen Konserve ziemlich gering. Aktivität und Effektplatzierung sind sogar komplett identisch. Und auch wenn es weiterhin ärgerlich bleibt, dass sich Kunden außerhalb primär englischsprachiger Länder weiterhin wie Käufer zweiter Klasse fühlen müssen, kann man mit dem Gebotenen prima leben. Da will ich dann ausnahmsweise einmal nicht so sein.
Die Extras
Schon die DVD kam mit einem knapp halbstündigen Blick hinter die Kulissen daher, der es letztendlich dann auch auf die Blu-Ray geschafft hat, erwartungsgemäß aber auch hier nur in Standardauflösung (dafür aber immerhin mit deutschen Untertiteln) vorliegt. Dazu darf natürlich der obligatorische Trailer zum Film nicht fehlen. Neu ist lediglich ein knapp zehn Minuten langes Gespräch mit Regisseur Jan de Bont, der hier nochmal auf den Herstellungsprozess zurückblickt. Dass es überhaupt neues Material auf die Katalogveröffentlichung geschafft hat ist selten genug, um es auch angemessen zu würdigen. Besonders, da die Blu-Ray vom ersten Tag an für deutlich unter zehn Euro erhältlich ist, was ein absolutes Schnäppchen darstellt.
Fazit
„Wie sagt man so schön? In den Neunziger Jahren war selbst bunt, was als düster beworben wurde. Schaut man sich Das Geisterschloss an, stimmt das sogar. So farbenfroh, wie sich der für den Kinosommer ´99 konzipierte Horrorfilm präsentiert, wägt man sich zunächst im falschen Genre. Die schönen Kulissen kommen dafür umso besser zur Geltung. Und selbst alles andere erhält durch die Blu-Ray und deren zugrunde liegendes neues Master einen zukunftssicheren Anstrich, sieht man einmal von den veralteten Effekten ab. Das ganze unter zehn Euro mit brauchbarem Ton samt Extras, da kann man definitiv nicht viel falsch machen. Besonders, weil man dem Film trotz seiner Schwächen definitiv eine Chance einräumen sollte. Noch bunter gibt´s Horror aus den Neunzigern nur bei Spice World.“
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