Die Rezension
Warum Stephen King in seiner Geschichte nie ausreichend Potenzial für eine Buchveröffentlichung gesehen hat, wird schnell offensichtlich: Massive Handlungslücken (besonders hinsichtlich der allgegenwärtigen Katzenphobie der Schlafwandler und deren Ursprüngen), kaum neue Ideen im Vergleich zu anderen Genrevertretern sowie zahllose Klischees wussten schon 1992 keinen Kritiker zu begeistern. Um all das irgendwie kompensieren zu können, spickte der erfahrene King-Verfilmer Mick Garris seinen Horrorflick einfach mit möglichst viel Blut und Ekeleffekten. Das mag dann zwar dem ein oder anderen Kinogänger gefallen haben, denn immerhin konnte der Film knapp das Doppelte seines fünfzehn Millionen Dollar umfassenden Budgets einspielen, sorgte aber bei den deutschen Jugendschützern einmal mehr für Unverständnis. Schlafwandler wurde 1993 in ungekürzter Form indiziert und sollte erst 2018 nach 25 Jahren auf dem Index seine längst überfällige Rehabilitation erfahren.
Nach Neuprüfung ist der Film bereits ab 16 Jahren freigegeben, was durchaus in Ordnung geht. Zwar haben praktische Effekte immer etwas zeitloses an sich und können einen auch noch nach einem Vierteljahrhundert herrlich anwidern (wie z.B. Das Ding aus einer anderen Welt), dennoch wirkt die ganze Sache im Kontext von Fiktion und Fantasy für heutige Sehgewohnheiten wesentlich harmloser. Es sind aber immer noch jene Effekte, die dem Film bis heute ein treues Publikum sichern. Interessenten sollten Schlafwandler möglichst durch eine frisch polierte Retrobille sichten: Mit Brian Krause und Mädchen Amick begegnet man zwei absoluten Teeniestars der Neunziger, während sich unter anderem Ron Perlman, Mark Hamill und sogar King selbst in Gastauftritten entdecken lassen. Für den einprägsamen Titelsong sorgt übrigens Enya, deren Stück “Boadicea” eigentlich gar nicht für den Horrorstreifen vorgesehen war, dann aber aus einer Liste verfügbarer Lizenzstücke der einzige war, den Regisseur Garris als halbwegs passend empfand.
Alles abseits der Effekte kann heute aber nun wirklich niemanden mehr von den Sitzen gruseln. Schlafwandler ist ein Film, der ohne den berühmten Ideengeber im Namen wahrscheinlich kaum jemand hinter dem Herd hervorgeholt hätte. Zu viel davon erwarten sollte man heutzutage dementsprechend ohnehin nicht. Genrevielseher und eingefleischte Fans von Stephen King können einen Blick riskieren. In unzensierter Form bietet sich dazu spätestens jetzt die allerbeste Gelegenheit, denn bisherige Fernsehausstrahlungen ließen mit bis zu sieben Fehlminuten stets sämtliche verbliebenen Highlights missen. Das hat nun glücklicherweise endgültig ein Ende und sicher ist davon auszugehen, dass kommende Wiederholungen ebenso ohne Zensuren auskommen dürfen. Wer also kein Geld für DVD, Blu-Ray oder gar die auf 500 Exemplare limitierte, knapp 100€ teure Collector´s Edition samt Büste ausgeben will, sollte seinen Programmplaner gut im Auge behalten.
Die Blu-Ray
Wie schon bei den vorherigen, von uns getesteten deutschen Erstveröffentlichungen von Die Todeskandidaten und Düstere Legenden 2 wirbt Sony als verantwortliches Label mit remastertem Material. Im Vergleich zur Blu-Ray – Erstauflage von 2012, die uns als Importversion aus dem Ausland vorgelegen hat, halten sich die Verbesserungen der hiesigen HD-Premiere aber sehr entgegen aller Versprechungen eher in überschaubaren Grenzen. Lediglich etwas besser ausbalancierte Kontraste stechen hier hervor, Szenen bei Tag sind ein wenig heller geraten, während dunkle Szenen dank besserer kräftigerer Schwarzwerte ebenfalls etwas mehr erstrahlen können. Die in dem Bereich erzielten Ergebnisse stellen aber für einen fast 30 Jahre alten Film angenehm zufrieden, zumal das Bild abseits einer hauchfeinen Körnung auch eine gute Laufruhe bietet. Auffällige Verschmutzungen oder sonstige Macken sucht man bei dem damals natürlich noch analog auf 35mm gefilmten Material zumeist vergeblich, hier wurde sehr sauber gearbeitet.
Dafür schwankt die Bildschärfe je nach Lichtstimmung immer wieder unschön hin und her. Gerade die finsteren Momente im Haus der Grady´s kommen arg soft rüber, während man sich bei Tag bzw. guter Ausleuchtung wieder über ein detaillierteres, aber nicht durchgehend scharfes Erlebnis einstellen kann. Konsistentere Performance findet man bei der Farbgebung: Die warme Palette mit leichter Tendez zu erdigen Tönen kommt über die gesamte Laufzeit gut rüber und sorgt für einen passenden, atmosphärischen Look. Insgesamt hätte ich mir zwar stellenweise etwas mehr von der Veröffentlichung erhofft, gerade im Vergleich zur Erstauflage, dennoch kann das Ergebnis gemessen am allgemeinen Alter des Masters überzeugen. Wirklich über solide Standards gelangt die Blu-Ray von Schlafwandler aber nie hinaus.
Selbiges gilt auch für den Ton, der hier zweisprachig in Deutsch und Englisch jeweils als verlustfreie DTS-HD MA 2.0 – Stereospur vorliegt. Besonders der hiesigen Synchronfassung hört man ihr Alter aber durchgehend an. Zunächst aber fällt die durchgehend leise Abmischung negativ auf, ohne teils kräftige Nachjustierungen an der Heimkinoanlage hat man einige Mühe, gesprochene Dialoge ohne Anstrengungen zu verstehen – und selbst dann mangelt es an der Dynamik und Kraft aktueller Produktionen. Einfacher wird die Sprachverständigung auch nicht durch die Tatsache, dass sich der ebenfalls etwas kraftlose Soundtrack immer wieder aufdringlich über die Dialoge legt. Hörbare Ergebnisse zu produzieren war hier alles andere als leicht. Eine Goldmedaille verdient zwar auch die Originalspur nicht, die kommt allerdings in sämtlichen aufgeführten Belangen etwas ausgeglichener daher und ist daher nach Möglichkeit auch vorzuziehen. Ärgerlich: Auf die vielen Extras ausländischer Veröffentlichungen muss bei der deutschen HD-Premiere komplett verzichtet werden, lediglich ein Trailer sowie einige Fernsehspots haben es auf den Silberling geschafft.
Fazit
“Selbst eiserne Fans der Schriftstellerlegende Stephen King sind sich einig, dass sich unter dessen höchst produktivem Output über die letzte vier Jahrzehnte immer wieder auch ein paar handfeste Gurken geschlichen haben. Schlafwandler dagegen ist von der Idee direkt zu einem Drehbuch mutiert, muss sich als solches aber ebenfalls in die Riege allenfalls mittelmäßiger Schöpfungen einreihen, die auch als fertiger Film trotz gut gemachter Effekte nicht über unterdurchschnittliche Splatterkost hinausgelangt, unzensiert hin oder her. Leider ist auch die deutsche Blu-Ray – Premiere nicht optimal geraten, denn Bild- und Tonqualität präsentieren sich sehr schwankungsanfällig. Der konsequente Mangel an brauchbarem Bonusmaterial (von dem eigentlich mehr als genug existiert), machen die Importversionen weiterhin zur ersten Wahl.”
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