Getestet und verfasst von General M
Quelle Bildmaterial: „Novitiate, © 2017 Novitiate Productions LLC. All Rights Reserved.“
Denkt man an den Einsatz von Nonnen in Filmen, fallen einem wahrscheinlich meistens nur Komödien wie „Sister Act“ oder die „Blues Brothers“ ein. Mit „Novitiate“ wagt Regisseurin Magaret Betts aber endlich mal eine neue, gänzlich konträre Ansichtsweise und erschuf so ein tiefsinniges, packendes Drama über das Leben im Kovent zu einer Zeit, als sich die Kirche als Institution einem tiefgreifenden Wandel gegenüber sah, dessen Folgen bis heute spürbar sind. Prominent besetzt, unter anderem mit Oscar© – Preisträgerin Melissa Leo in der Rolle der gnadenlosen Mutter Oberin, ist „Novitiate“ Autorenkino auf allerhöchstem Niveau, welches nicht nur für die Gläubigen unter uns exzellente Unterhaltung mit Beigeschmack bietet. Wir haben den Test zur Blu-Ray.
Der Film
Tennessee, U.S.A., Mitte der 50er Jahre: Die junge, als Atheistin erzogene Cathleen (als Teenager von Margaret Qualley gespielt) wächst alleine mit ihrer Mutter auf, nachdem diese ihren Vater verlassen hat und anschließend ein eher unbeständiges Leben führt. Diese Lebensweise hat entscheidenen Einfluss auf das Wesen des Mädchens, welches sich nach Konstanten und vor allem Liebe sehnt. Nach beidem sucht sie im Elternhaus scheinbar vergeblich. Als sich ihr die Möglichkeit bietet, via Stipendium eine katholische Schule zu besuchen und so dem tristen Alltag zu entkommen, sagt die neugierige Cathleen sofort zu, unwissend, welch drastische Veränderung dieser Entschluss auf ihr Leben haben wird. Denn tatsächlich findet sie dort Liebe, allerdings nicht zu einem Mitschüler, sondern zu Gott. Fasziniert vom geheimnisvollen und romantischen Gedanken, ihr Leben einer so bedeutsamen Konstante wie Gott zu widmen, entscheidet sie sich dazu, Nonne zu werden.
Aber Lehrjahre sind keine Herrenjahre, besonders nicht zu jenen Tagen, als die kirchliche Institution als eine von Gewalt und gnadenloser Härte sowie Hingabe durchtränkte Lehrstätte für angehende Nonnen (darunter Dianna Agron und Morgan Saylor) fungiert hat, an deren Spitze die eisenharte Mutter Oberin (Melissa Leo, „The Fighter“) steht, welche diese Statuten mit allen Mitteln durchsetzt. Mit dem nahenden zweiten vatikanischen Konzil, welche die katholische Kirche in ihren Grundfesten zu reformieren droht, geraten Cathleen, die anderen Novizen und auch die gestrenge Herrin in eine handfeste Glaubenskrise…
Der Film
Über zehn Jahre erzählt „Novitiate“ den Lebensweg der jungen Atheistin Cathleen, deren neu entdeckter Glaube und ihre Liebe zu Gott immer härteren Prüfungen ausgesetzt wird. Entstanden ist ein handfestes, ergreifendes Drama, welches den Zuschauer zu jeder Sekunde tiefer und tiefer in das erbarmungslose Geschehen eines erzkonservativen Konvents zieht. Neben Jungschauspielerin Margaret Qualley als Novizin Cathleen, die manch einem sicher aus der Serie „The Leftovers“ bekannt ist, überzeugt vor allem Oscar© – Preisträgerin Melissa Leo in der Rolle der Mutter Oberin. Letztere erinnert gelegentlich an eine der wohl prägnantesten Film – Bösewichte der Filmgeschichte, nämlich Schwester Mildred Ratchet aus „Einer flog über´s Kuckucksnest“, dennoch kommt man nicht drum herum, mit der Zeit auch ein wenig Verständnis für ihre Härte aufzubringen. Denn wenn man sein ganzes Leben lang dem Herrn im Glauben gedient hat, dass wahre Aufopferung nur durch Leid und Strenge erreicht werden kann und eben jenes Weltbild plötzlich durch niemand geringeres als die obersten Kirchenvertreter selbst zerrüttet wird, möchte man natürlich nicht nur denen, sondern auch sich selbst beweisen, dass der bekannte Weg der bessere Weg ist.
Schade eigentlich, dass diesem wunderbar gespielten, intensiven Drama kein größerer Erfolg zuteil wurde. Im Heimatland U.S.A. trotz überwiegend guter Kritiken nur limitiert im Kino ausgewertet, ist der Film über die Landesgrenzen hinaus meist direkt im Heimkino veröffentlicht worden. „Novitiate“ ist ein mutiges, provozierendes Werk über Glauben und Glaubenskrisen, zudem hervorragend inszeniert und besetzt. Wer sich die Zeit und Ruhe nimmt, ganz in das Gezeigte einzutauchen, wird sicher nicht enttäuscht werden. Eine kleine Perle im Filmpool 2018.
Die Blu-Ray
Da das Leben im Konvent nicht gerade von bunten Farben und greller Beleuchtung geprägt ist, kommt der Bewertung der Schwarzwerte hier eine besondere Bedeutung zu. Die Blu-Ray überzeugt glücklicherweise mit satten Schwarztönen und bietet so in Sachen Bildqualität auch dank hervorragender Bildschärfe und einer natürlichen Farbgebung ein ausgewogenes, bis auf ganz selten wahrnehmbare Unschärfen detailliertes Bild, welches zu begeistern weiß.
Beim Ton setzt SONY Pictures auch in Deutschland auf eine DTS-HD 5.1 – Spur, die primär durch einen starken, kristallklaren Center besticht, aber im Raumklang auch einen herrlich atmospährischen Hall offeriert. Qualitativ muss die Deutsche Tonspur dabei keinerlei Abstriche zur Englischen Originalsprache hinnehmen, die Abmischung ist auch hier absolut gelungen, zumal auch Hintergrundgeräusche stets präsent wahrnehmbar, aber nie übertönend sind. So muss das sein. Lediglich die Extras fallen doch etwas mager aus. Neben einem Q&A mit Regisseurin und Darstellern sowie dem obligatorischen (aber hörenswerten) Audiokommentar hat es lediglich noch ein alternatives Ende sowie eine Handvoll Deleted Scenes auf die Scheibe geschafft. Die bieten allerdings kaum interessante Ergänzungen zur Kinofassung und sind nicht ganz zu Unrecht unter dem Schneidetisch gelandet. Besonders über die tatsächlichen Begebenheiten über das zweite Konzil sowie dessen Auswirkungen hätte ich mir noch etwas mehr Information gewünscht.
Fazit
„Was mir an `Novitiate´ besonders gut gefallen hat, ist dessen mutiger, provokanter Ansatz und die damit einhergehende, kompromisslose Auseinandersetzung mit den seinerzeit völlig veralteten Statuten der Katholischen Kirche. Die Geschichte einer jungen Frau, die von der ländlichen Unschuld ihren Weg in eine streng hierarchische, eisenharte Ausbildung zu Nonne wählt, weiß zu überzeugen und zu ergreifen. Handwerklich hervorragend inszeniert, begeistert der Debütfilm von Margaret Betts auch durch exzellente Schauspielleistungen, allen voran die der Melissa Leo als geradezu sadistische Mutter Oberin, deren Glaubensbild sich heftig jeder aufkommenden Reform verwehrt. Ausleihen, kaufen – ganz egal. Hauptsache ansehen! Es lohnt sich!“
©2018 Wrestling-Point.de/M-Reviews