Der Film
Nachdem der Weg zum Herrenhaus durch einen Schneesturm unpassierbar wird und Denis dementsprechend nicht fliehen kann, gibt er sich vor Charlotte notgedrungen als längst überfälliger Krankenpfleger aus. Die Hoffnung: Bis der Schneesturm vorüber ist und die Straßen wieder freigeräumt sind, heimlich den Safe knacken und sich dann aus dem Staub zu machen. Der misstrauische Groenert durchschaut Denis allerdings sofort, kann sich ajedoch nicht verständigen. Muss auch gar nicht sein, denn selbst im gegenwärtigen Zustand fährt der alternde Haustyrann jedes nur erdenkliche schwere Geschütz auf, um dem Dieb das Leben zur Hölle zu machen. Dumm nur, dass der sich langsam in Charlotte verliebt und längst mit seinem Auftrag hadert…
Die Rezension
Dass sich der Film gewisse Parallelen zum Megahit aus Frankreich erlaubt, ist nicht zu leugnen. Doch glücklicherweise bewegt sich der von Regisseur Wolfgang Groos inszenierte Film nach dem etwas trägen Start schnell in eine eigene Richtung. Heiner Lauterbach wandelt hier als grummeliger Schlaganfallpatient mit nur ganz wenigen Worten herrlich auf den Spuren von Francois Cluzet und spielt anders als sonst überraschend zurückhaltend, kann aber dennoch mit physischer Präsenz glänzen. Es sind wohl immer die Bilderbuchmachos, die sich perfekt für solche ungewöhnlichen Rollen eignen – man nehme als Beispiel James Caan als leidgeprüfter Schriftsteller in Misery. Man weiß nicht, wieso es funktioniert, aber es funktioniert.
Weniger gut sieht es dagegen mit der Chemie zwischen Emilio Sakraya und Sonja Gerhardt aus. So richtig funken will es zwischen den beiden nicht, die sich schnell ankündigende Liebesgeschichte nimmt zudem rasch zu viel Raum ein und steuert den Fokus unangenehm vom komischen Spiel zwischen Sakraya und Lauterbach weg. Spätestens dann verliert Kalte Füße drastisch an Tempo und Witz, sondern gibt sich ganz und gar der Romantik hin, ehe es dann im Finale nochmal rasant wird, aber trotzdem nur wenig Spannung aufkommen will. Kalte Füße ist fürwahr kein schlechter Film und weiß durchaus lustige Momente zu bieten, scheitert aber letztendlich erzählerisch an der nötigen Konsequenz, um der vielversprechenden Prämisse wirklich gerecht werden zu können.
Immerhin, handwerklich ist der Film mehr als nur solide. Die Locations (gedreht wurde in Bayern und Österreich) erzeugen schon jetzt bestes Winterfeeling beim Zuschauer und locken zu einem verfrühten Tässchen Glühwein. In allen anderen Aspekten wäre aber durchaus mehr dringewesen. So wird Kalte Füße schnell zu einem vorhersehbaren Film, der zielgerichtet auf ein Happy End zusteuert, auf dem Weg dahin aber immer dann Potenzial verschenkt, wenn er sich von Lauterbach weg zur Lovestory bewegt. Für einen Abend unter dem Thema Familienkino kann man aber definitiv ein Anschauen in Erwägung ziehen.
Die Blu-Ray
Kalte Füße wurde vollständig digital mit Arri Alexa Rental 65 – Kameras gedreht, die am Ausgang mit stolzen 6K anlegen. Leider konnten wir nicht in Erfahrung bringen, in welcher Auflösung der Film an Ende gemastert wurde, denn weder liegen dazu gesonderte Informationen vor, noch hat der Film den Sprung auf das UHD-Format geschafft. Bewerten wir deshalb, was wir sehen: Der Transfer besticht durchgehend mit exzellenter Laufruhe und einer hervorragenden Bildschärfe. Gerade Nahaufnahmen offenbaren zahlreiche Details, die bis zu feinen Fältchen und Bartstoppeln in Heiner Lauterbach´s Gesicht nichts auslassen. Die Farbgebung ist für einen Film, der komplett im tiefsten Winter spielt, wenig überraschend eher kühl gewählt, passt aber dementsprechend auch hervorragend zum Setting. In den Innenaufnahmen wird es dann wieder etwas wärmer und dementsprechend auch farbenfroher. Auch hier passt das gut in die Szenerie des alten, aber edlen Anwesens. Die Kontraste gehen insgesamt in Ordnung. Zwar bekommt man in Form der Blu-Ray nie strahlend weißen Schnee geboten, sondern stattdessen immer einen leichten Blaustich dazu, ansehnlich bleibt das Ergebnis aber definitiv. Eine UHD hätte aus dem Material sicher noch viele Nuancen rauskitzeln können, mit dem was einem letztendlich geboten wird, fährt man aber ebenso keineswegs schlecht.
Beim Ton bleiben große Überraschungen aber aus. Der Film fokussiert sich bis zum Finale hauptsächlich auf Dialoge und bietet nur wenige Gelegenheiten für waschechten Raumklang. Deswegen sollte man sich trotz verlustfreiert DTS-HD MA 5.1 – Spur nicht zuviel erwarten. Die Stimmverständlichkeit im Center ist dafür hervorragend, während sämtliche Restlautsprecher auf regulärer Ebene hauptsächlich dazu genutzt werden, neben ein paar wenigen Effekten den Soundtrack durch den Raum zu transportieren. In dem Rahmen bekommt man es mit solidem Ton zu tun, der einmal mehr genau das erfüllt, was man angesichts des sonst eher ruhig inszenierten Films auch erwarten kann. Mager sieht es allerdings bei den Extras aus: Gerade mal ein knapp dreiminütiges Making Of, der Trailer zum Film sowie knapp dreieinhalb Minuten Einblicke in die Filmpremiere gibt es. Wirklich interessant ist allerdings nichts davon. Schade, dass Heimkinoveröffentlichungen deutscher Filme zuletzt einfach nicht auf einen grünen Zweig kommen wollen, wenn es um Bonusmaterial geht. Mehr als grundlegende Essentials finden sich auch hier nicht ein.
Fazit
“Die Idee von Kalte Füße klingt erstmal ganz interessant: Ein Kleinkrimineller will das Haus eines Schlaganfallpatienten um seine Wertsachen erleichtern und gerät unter falscher Identität in einen munteren Schlagabtausch. Bis dahin funktioniert der Film wirklich gut, versinkt aber spätestens dann rapide in der Mittelklasse, wenn all das für die obligatorische Lovestory fast komplett in den Hintergrund rückt. Über ein paar Lacher darf man sich aber trotzdem freuen, zumal Heiner Lauterbach alleine in seiner ungewohnten Rolle sehr sehenswert ist. Alles andere kann man getrost ignorieren. Die Blu-Ray zum Film liefert bei Bild und Ton solide Resultate, lässt aber wie so oft in letzter Zeit jede Form von interessanten Extras vermissen.”
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