Der Film
Ein gefundenes Fressen für die karrieresüchtige Lokalreporterin Gale Weathes (Courtney Cox, Friends), die sich seinerzeit vehement für Cotton´s Unschuld eingesetzt hat und ihre Erlebnisse anschließend in einem reißerischen Buch veröffentlicht hat. Damit hat sie sich besonders Maureen´s Tochter Sidney (Neve Campbell, House of Cards) zum Feind gemacht, die unter dem folgenden Medienrummel fast zusammenbrach und immer noch damit kämpft, die vergangenen Geschehnisse zu verarbeiten. Während ihre Clique die jüngsten Morde betrauert, läuft es auch im Liebesleben der jungen Frau alles andere als rund, denn Langzeitfreund Billy drängt zunehmend auf das erste Mal und kennt abseits davon kaum ein anderes Thema als zensierte Fernsehfassungen von Horrorfilmen. Es dauert nicht lange, bis der Killer auch Sidney in ihrem Haus angreift – das Motiv dafür scheint persönlicher Natur zu sein und direkt mit dem Ableben ihrer Mutter zusammenzuhängen.
Als Tatverdächtiger wird schnell der kurz darauf eintreffende Billy festgesetzt, dessen Alibi sich aber wenig später als wasserdicht entpuppt. Während der Killer seinen Bodycount immer weiter erhöht, verhängt die komplett überforderte Lokalpolizei, zu der auch der junge Deputy Dewey Riley (David Arquette, Arak Attack) gehört, eine Ausgangssperre über die gesamte Stadt. Die optimale Gelegenheit für eine ausgelassene Feier im abgelegenen Elternhaus, findet zumindest der exzentrische Stu. In den Abendstunden ist die Hütte voll, ausgelassen zelebriert man die großen Horrorklassiker und lässt das Bier in Strömen fließen. Ein Festbuffet für den Mörder, der sich zur finalen Abrechnung mit Sidney rüstet und dieser längst näher ist, als sie ahnt…
Die Rezension
Die Produktion von Scream blickt auf eine lange und nicht immer einfache Geschichte zurück. Zu einer Zeit, in der klassisches Horrorkino längst kalter Kaffee war, erinnerte sich der junge, von finanziellen Problemen geplagte Autor Kevin Williamson an die glorreichen Werke seiner Kindheit und entschied sich, basierend darauf sowie realen Begebenheiten (nämlich den Morden des sogenannten „Gainesville Rippers“) ein eigenes Skript zu verfassen und das scheinbar ausgelutschte Genre damit wiederzubeleben. Der Arbeitstitel des Films lautete übrigens Scary Movie und wurde später höchst erfolgreich von den Machern der legendären Parodie wieder aufgegriffen. Das fertige Skript inklusive Optionen für zwei Sequels wurde schließlich nach anfänglich eher schleppendem Interesse von der eher für ihre Independent Movies bekannten Miramax Studios erworben, nachdem man sich einen wahren Bieterstreit mit der Konkurrenz geliefert hatte.
Zur gleichen Zeit musste sich der durch Klassiker wie A Nightmare on Elm Street berühmt gewordene Wes Craven nach diversen Flops immer wieder den Vorwurf der Fans stellen, sein Händchen für gutes Material verloren zu haben. Entschlossen, seinen Ruf als Meister der Horrors wiederherzustellen, sagte Craven schließlich zu, das vormals abgelehnte Projekt doch noch zu übernehmen – besonders als er erfuhr, dass die damals schon sehr berühmte Drew Barrymore dem Cast auf eigenem Wunsch beitrat. Und obwohl das Drehbuch tonnenweise Referenzen zu den großen Klassikern, darunter auch seinen eigenen Werken enthielt, gefiel ihm der frische Ansatz von Kevin Williamson, Charaktere und Motive näher als bisherige Genrevertreter in den Fokus zu rücken und sich dabei humorvoll mit deren Klischees auseinanderzusetzen. Den größten Namen innerhalb der Besetzung noch vor der Titeleinblendung sterben zu lassen, entpuppte sich als Geniestreich, denn nun würde niemand mehr vorhersagen können, wer das anstehende Massaker bis zum Finale überlebt.
Bis dahin gab es aber noch jede Menge Hürden zu überwältigen, angefangen bei der Besetzung. Gutaussehende Jugendliche zu finden ist im Grunde nicht schwierig, aber gerade für die Hauptfigur der Sidney Prescott brauchten die Macher mehr als nur ein hübsches Lamm für die Schlachtbank des Killers. In der Kanadierin Neve Campbell, die in ihrer Heimat zum damaligen Zeitpunkt in einer sehr erfolgreichen Serie mitwirkte, wurde man schließlich fündig. Erst ihre ausgeglichene Mischung aus Verletzlichkeit und Kampfgeist ist es, die den Charakter nicht nur so einprägsam zum Leben erweckt und dem Film damit die nötige Substanz verleiht, sondern auch Maßstab für alle zukünftigen Heroinnen des Genres wurde. Dass sämtliche Darsteller von High-School-Kids zum Zeitpunkt des Drehs bereits Mitte Zwanzig waren…wen interessiert´s? Übrigens: Matthew Lillard bekam seine Rolle als Stu nur zufällig, weil er sich während des Castings zufällig im selben Gebäude aufhielt und eigentlich nur eine Freundin zu einem Vorstellungsgespräch für einen komplett anderen Film begleitete. Ähnlich ging es da Composer Marco Beltrami, auf den man über einen Chat im Netz geriet. Glück muss man haben!
Am Ende der Dreharbeiten und dem Erstellen der finalen Schnittfassung kam es dann aber zu einem ganz neuen Ärgernis, denn die was Gewaltdarstellung angeht sonst so liberal agierende amerikanische Freigabebehörde MPAA verweigerte Scream auch nach zig Anläufen das dringend notwendige R-Rating und verlange immer neue Schnitte. Der Horrorfilm drohte zum unansehnlichen Torso zu verkommen, für den kaum ein Zuschauer freiwillig Geld an den Kinokassen abdrücken würde. Erst als die Produzenten einschritten und die MPAA dazu animierten, den Film eher als Komödie, weniger als Gruselslasher zu betrachten, konnte Craven eine publikumstaugliche Fassung durchboxen, die nur noch knappe sieben Sekunden Material vermissen ließ und als offizielle Kinoversion dann im Rest der Welt – und so auch in Deutschland – vertrieben wurde. Hier gab´s dann eine Freigabe ab 18 Jahren, trotzdem wurde Scream nach später aufgrund der damaligen Gesetzeslage in seiner ungekürzten Fassung indiziert, für Fernsehen und Heimkino wurden je nach Fassung im Schnitt saftige drei Minuten und mehr geschnitten.
Die Zeiten ändern sich, Scream dagegen bleibt ewig Kult. Wes Craven´s augenzwinkernd inszenierte Wiederbelebung des Horrorgenres spielte alleine an den weltweiten Kinokassen weit über das zehnfache seiner Kosten wieder ein und ebnete damit nicht nur den Weg für ein ganz neues Franchise und tonnenweise Nachahmer, sondern brachte auch längst auf Eis gelegte Vorbilder wie Michael Myers zurück auf die Leinwände. Anfang 2022 versammelt sich die Stammbesetzung der Reihe zu ihrer mittlerweile vierten Fortsetzung – leider ohne Beteiligung des bereits 2015 verstorbenen Wes Craven, aber den Trailern nach mit viel Respekt für dessen Vermächtnis. So wird Scream auch an diesem Halloween fester Bestandteil eines jedweden gelungenen Gruselabends mit Freunden sein. Ein Film, der abseits der klobigen Schnurlostelefone aus den Neunzigern geschafft hat, was nur ganz wenige davor und noch weniger danach geschafft haben: Ein zeitloses Gefühl zu vermitteln und selbst nach der gefühlt hundersten Sichtung immer noch zu erschrecken. Chapeau!
UHD und Blu-Ray: Das Bild
Über die Jahrzehnte wurde Scream immer wieder neu aufgelegt und existiert bis zum heutigen Tag in vielen verschiedenen Versionen. Zunächst vertrieb Kinowelt den Film auf VHS und später dann DVD, wobei es aber bei den bereits erwähnten zensierten Fassungen blieb. Ein unzensierter Auslandsimport mit deutscher Tonspur war aber problemlos zu kriegen und bietet bisher die einzige Möglichkeit, den minimal verlängerten Unrated Director´s Cut zu sichten. Spätestens mit dem Zeitalter der Blu-Ray wurde dann aber nur noch die Kinoversion veröffentlicht und daran ändert sich auch mit der hier besprochenen Neuauflage nichts. Für die wurde ein komplett neuer Scan in nativem 4K vom analogen 35mm-Originalnegativ gezogen, was man bereits anhand der neuen Blu-Ray deutlich sehen kann. Nachdem der Film bereits 2011 vom Index gestrichen und in der Folge bereits ab 16 Jahren freigegeben wurde, lieferte Studiocanal den Film in Deutschland erstmals ohne zusätzliche Schnitte als Teil der Trilogie auf Blu-Ray aus. Die Erstauflage ist heute ein gesuchtes Sammlerstück und wurde von mir als Vergleich herangezogen. Und Junge, Junge…wie sich die Sehgewohnheiten doch zum Positiven verändert haben. Denn rückwirkend betrachtet stimmt bei der alten Blu-Ray nahezu gar nichts. Digitale Rauschfilter und anschließendes Nachschärfen sind hier das Einzige, was wirklich Horror vermittelt. Ein wachsiges Bild, dass in jeder Szene Details absaufen lässt, Überschärfungsartefakte am Fließband, schlappe Kontraste und nicht zuletzt eine extrem grünstichige Farbgebung…wer meine Rezensionen zu den alten Star Trek-Filmen verfolgt hat, kann sich das Ergebnis in etwa ausmalen. Hier stimmt absolut gar nichts.
UHD und Blu-Ray: Der Sound
Beim Ton ändert sich dagegen nichts: Im direkten Vergleich ist relativ gesichert, dass Paramount die bereits bestehenden verlustfreien Tonspuren im Format DTS-HD MA 5.1 direkt vom ehemaligen Rechteinhaber übernommen hat und nicht nachträglich Hand angelegt hat – alleine schon deswegen, weil der Major von Haus aus in den allermeisten Fällen weiterhin stoisch auf uralte Formate für deutsche Synchronfassungen setzt. In dem Fall ist es also ganz gut, wie es eben ist. Legt man die deutsche und englische Fassung nacheinander auf, lassen sich kaum hörbare Unterschiede ausmachen, beide Versionen liefern optimale Dialogverständlichkeit im Center und zeigen sich primär auf den Frontlautsprechern aktiv. In den Außenszenen sind zwar immer mal wieder Umgebungsgeräusche im hinteren Bereich der regulären Ebene wahrnehmbar, die sind aber derartig leise abgemischt worden, dass man sie angesichts der permanenten Frontlastigkeit kaum wahrnimmt.
Die Extras
Auch das Bonusmaterial hat Paramount komplett von der alten Blu-Ray übernommen, ausnahmsweise muss man dafür als UHD-Konsument nicht die Scheibe wechseln, sondern findet das komplette Setup auch hier in seiner Gänze untergebracht vor. Nicht weiter schwierig, weil sämtliche Featurettes weiterhin nur in Standardauflösung vorliegen und noch von der DVD zu scheinen stammen, was den durchaus gegebenen Informationsgehalt aber nicht mindert. Komplett neu ist lediglich ein knapp achtminütiges Feature, dass sich auf dem Papier zunächst wie eine spannende Retrospektive anhört, in der Praxis aber kaum mehr ist als ein minutenlanger Werbespot zum kommenden fünften Teil. Das enttäuscht natürlich immens, denn gerade zum fünfundzwanzigjährigen Jubiläum des Films und dem massiven Impact, den er auf ein ganzes Genre hätte, hätte man hier in der Nachbetrachtung wirklich eine Menge reißen können. Diese Gelegenheit wurde ganz offensichtlich verpasst.
Fazit
„Was ist dein Lieblingshorrorfilm? Würde man mir diese ikonische Frage stellen, würde Scream auf jeden Fall ganz weit vorne mitspielen. Wes Craven, der mit A Nightmare on Elm Street bereits in den Achtzigern neue Dimensionen des Gruselns erschloss, gelang gemeinsam mit Kevin Williamson Jahre später eine zeitlos effektive Abrechnung mit den gängigen Klischees eines ganzen Genres, die Altbekanntes gekonnt mit frischen Impulsen und einer guten Portion Selbstironie versah, was die Weichen für die Zukunft des Horrors komplett neu stellte. Auch ein Vierteljahrhundert später macht der Film immer noch eine Menge Spaß. Die bereits vergriffene Jubiläumsausgabe beseitigt dank neuem Master sämtliche Schwächen bisheriger Auflagen und liefert vor allem beim Bild signifikante Upgrades. Dass man dem Klassiker zum Geburtstag allerdings nur ein belangloses neues Extra spendiert hat, lässt einen bei aller Freude aber doch etwas enttäuscht zurück.“