Der Film
Zwischen den Trümmern des abgestürzten Flugzeuges stößt die „Familie“ auf eine Hälfte eines strenggeheimen Prototypen mit Namen Ares, welches bei seiner Komplettierung Zugriff auf jedes noch so gut gesicherte Computersystem der Welt ermöglicht. Jakob, der sich mit den Jahrezehnten unbemerkt von den Augen seines entfremdeten Bruders zu einem schwerkriminellen Superspion und Attentäter gemausert hat, hetzt Dom und Gefährten eine ganze Armee von Söldnern auf den Hals und schafft es, nach einer halbsbrecherischen Verfolgungsjagd durch den Urwald erfolgreich mit Ares zu entkommen. Als sich herausstellt, dass der eigentlich totgeglaubte Han direkt mit dem Projekt in Verbindung steht, begeben sich Letty und Mia Toretto auf Spurensuche nach Tokyo, während Dom den Spuren seines Bruders bis nach England und dann weiter ins benachbarte Schottland folgt.
Obwohl es dieses Mal gelingt, den abtrünnigen Bruder festzusetzen, ist Jakob der Crew weiterhin eine Nasenlänge voraus. Mit dem zweiten Teil von Ares fehlt Jakob jetzt nämlich nur noch der Aktivierungscode. Und ausgerechnet den bringt der zur großen Überraschung aller quicklebendige Han in Gestalt der jungen Elle direkt in den Zugriffsradius von Jakob. Dieses Mal muss Dom nicht nur seine Familie schützen, sondern auch die Zukunft der gesamten Welt…
Die Rezension
Höher! Weiter! Blöder! Wer dachte, dass sich die Reihe nach dem achten Teil nicht noch weiter von allen Grundsätzen des Nachvollziehbaren entfernen könnte, wird nun eines besseren belehrt: Fast & Furious 9 nimmt sich gar nicht mehr den Anspruch heraus, irgendwie Sinn ergeben zu wollen. Im Vordergrund der einmal mehr von Regisseur Justin Lin inszenierten Materialschlacht muss sich wirklich jedes Element von der Handlung bis zu ihren Charakteren kompromisslos einer Actionszene nach der nächsten unterwerfen. Das Ergebnis ist ein durch und durch substanzloser Beitrag zu einer Reihe, die sich längst selbst überlebt hat. Von den einstigen Wurzeln des Franchises, nämlich der illegalen Straßenrennszene, ist längst nichts mehr übrig. Denn spätestens mit dem tragischen und viel zu frühen Tod von Paul Walker steht nur noch eines im Vordergrund: Die Familie – und vor allem deren Oberhaupt Vin Diesel, der als Alphatier vom Dienst seinerzeit bereits den wesentlich beliebteren und charismatischeren Dwayne „The Rock“ Johnson aus dem Franchise kicken ließ, bevor dieser seiner Vormachtstellung gefährlich werden konnte.
Ich möchte mir vorstellen, wie die Verantwortlichen für den Film an Drehbuchautor Daniel Casey herangetreten sind und gefragt haben: „Wie oft kannst du das Wort ´Familie´ im Skript unterbringen?“ Daniel Casey: „Ja.“ Dann bekommt man schon ein ganz gutes Gefühl dafür, was einen in den sensationell überlangen zweieinhalb Stunden Laufzeit erwartet: Dialoge am Rand unfreiwilliger Komik inklusive dem gewohnten Sammelsurium markanter Sprüche und natürlich genügend Testosteron, dass nicht einmal eine Wagenladung Axe ausreichen würde, um die damit einhergehenden Transpirationsgerüche zu bändigen. All das KÖNNTE kurzweilig eine Menge Spaß machen, würde sich die Reihe nicht weiterhin so bierernst nehmen. Fast & Furious 9 fühlt sich an wie ein richtig billiger Kochschinken, der aus zig verschiedenen Fleischresten in Form gebracht und dann auf den Konsumenten losgelassen wurde, obwohl das Haltbarkeitsdatum längst überschritten ist. Und wenn schon die einzelnen Komponenten relativ geschmacklos daherkommen, kann das fertige Produkt kaum besser schmecken.
Die mittlerweile kaum mehr überschaubare Darstellerriege bleibt bewusst blass vor dem alles überragenden Hauptdarsteller und versucht gar nicht erst, anhand des ohnehin schwachen Skripts in irgendeiner Form motiviert aufzutreten. Selbst John Cena, der immerhin zuletzt in The Suicide Squad formidabel aufgespielt hat, agiert so hölzern wie zu seinen Anfangstagen auf der Kinoleinwand. Praktische Tricks sind die absolute Seltenheit, der größte Teil der Actionszenen ist komplett im Computer entstanden und sind als solche durchgehend zu entlarven. Geschätzt eine knappe Viertelmilliarde Dollar hat das Machwerk gekostet, wegen der Coronapandemie wurde der Kinostart immer wieder verschoben, ein Ausweichen auf Streamingdienste kam für die Verantwortlichen kaum in Frage. Mit über siebenhundert Millionen Dollar weltweitem Einspielergebnis ist Fast & Furious 9 zwar durchaus ein Erfolg, gelangt aber keineswegs an die Gewinne der Vorgänger heran. Und ich möchte behaupten, dass dies nicht alleine auf geschlossene Kinos zurückzuführen ist. An einem (vorläufig) finalen zehnten Teil wird aber weiterhin festgehalten. Leider, wie man da nur sagen kann.
UHD und Blu-Ray: Das Bild
Der Film beginnt mit einem Rückblick in die Jugend der Gebrüder Toretto, dafür kamen zunächst Analogkameras zum Einsatz, die für einen passenden Look mit entsprechender Körnung sorgen. Wandert das Geschehen dann in die Gegenwart, kommen digitale Systeme zum Einsatz. Eine hauchfeine Körnung bleibt dann zwar erhalten, so richtig natürlich wirkt die dann aber nicht mehr. Dem Look des Films und nicht zuletzt der visuellen Konformität zu dessen Vorgängern tut das aber ganz gut. Das finale Master wurde in 2K gefinished und dient als solches auch den jeweiligen Heimkinoveröffentlichungen als Basis. Dabei schneidet bereits die Blu-Ray relativ gut ab. Sattwarme erdige Paletten dominieren das Bild, was nicht jedermanns Geschmack treffen dürfte, da gerade Hauttöne bisweilen je nach Szenerie sehr orangelastig wirken. Die allgemeine Schärfe ist dagegen wirklich hervorragend, allerdings kämpft die Blu-Ray vorallem in der Eröffnungsszene sichtbar mit Artefaktbildung beim Filmkorn und säuft auch kontrasttechnisch komplett ab. Letzteres bessert sich zum Glück zügig, danach präsentiert sich die Scheibe im Kontrastbereich insgesamt sehr brauchbar. Die Schwarzanteile könnten hier und da kräfter ausfallen, gelegentlich wirkt das Bild hauchfein nebelig. Damit kann man aber gut leben.
Die UHD liefert zwar masterbedingt kein natives 4K, schneidet im direkten Vergleich aber dennoch ein gutes Stück besser ab. Neben dem erweiterten Farbraum nach Rec.2020 gibt es noch Support für HDR10 und Dolby Vision. Hier merkt man gleich zu Beginn, wie viel besser die UHD mit der analogen Körnung zurechtkommt – die auffälligen Unruhen der Blu-Ray verschwinden komplett, auch die vermissten Kontraste kehren zurück. Übernimmt dann das digitale Material, präsentiert sich die nachträglich hinzugefügte Körnung nochmals feiner als über die Blu-Ray. In Sachen Farbgebung geht´s bei der UHD nochmals dynamischer und intensiver zu. Auffällig ist, mit wieviel mehr Strahlkraft Primärtöne hier wiedergegeben werden. Dafür verabschieden sich die Hauttöne teils noch weiter ins Unnatürliche, wobei die Fleischmütze von Vin Diesel da stellenweise schon an einen Hokkaidokürbis erinnert. Sobald der erzählerische Fokus sich aber nach Europa verlagert, wird all das dankbarerweise wieder zurückgefahren. Im Kontrastbereich liefert die UHD besonders beim Schwarzanteil genau das nach, was der Blu-Ray fehlt und fegen den Bildnebel hinfort. Insgesamt solide Zugewinne, nur bei der allgemeinen Bildschärfe holt die höherpreisige Variante kaum mehr heraus.
UHD und Blu-Ray: Der Ton
Anders als viele andere Anbieter ist Universal doch sehr kulant, wenn es darum geht, auch deutschsprachige Konsumenten im Heimkino mit zeitgemäßer Klangkulisse zu beglücken. Fast & Furious 9 bildet da alleine schon als großer Kinoblockbuster keine Ausnahme. Schon die Blu-Ray liefert Dolby Atmos mit verlustfreiem TrueHD-Kern für die englische und deutsche Sprachausgabe und übernimmt dies auch für die UHD. Vom Film selbst mag man halten, was man will, dass sich die schier endlose Aneinanderreihung von Actionszenen aber als perfektes Futter für teures Soundequipment eignet, ist dagegen unbestreitbar. Schon die erste große Szene im Dschungel gerät auf der regulären Ebene zu einem wahren Effektfeuerwerk mit toller Direktionalität. Selbst kleinere Klangfetzen lassen sich perfekt aus der korrekten Richtung orten. Stärken, die sich nahtlos bis zum krachenden Finale erhalten. Egal ob Dom und Family den Dschungel abholzen Edinburgh auseinandernehmen, als Zuschauer ist man immer mittendrin. Dann geht natürlich auch der Subwoofer konsequent mit, obwohl ich hier doch etwas enttäuscht feststellen muss, dass insgesamt etwas mehr Bassdynamik wünschenswert gewesen wäre. Die Dialoge im Center sind überwiegend hervorragend verständlich, nur ganz selten geht das gesprochene Wort inmitten der Action minimal unter.
Dolby Atmos bedeutet natürlich auch das Vorhandensein einer zusätzlichen Höhenebene (was mich gerade etwas schmerzhaft daran erinnert, dass die Besprechung einer entsprechenden deutschen Tonspur eine gefühlte Ewigkeit her zu sein scheint). Und ausgerechnet hier schwächelt Fast & Furious 9 – übrigens auch beim Originalton. Denn gerade in Schlüsselsequezen wie den hier schon häufiger herangezogenen Referenzmomente Dschungel und Edinburgh bleibt es von der Decke verdächtig still. Selbst dann, wenn ganz offensichtlich Aktivitität von oben zu erwarten wäre, verweilen die Hights konsequent im Tiefschlaf, lediglich der Score geht noch über die Decke mit. Zwar gibt es immer noch eine Menge brauchbarer Momente, die auch wirklich zum Geschehen auf dem Bildschirm passen, zum Beispiel diverse Motorensounds und ein bisschen Kugelhagel, alles in allem bleibt das Ganze aber weit hinter Möglichkeiten und Erwartungen zurück. So bleibt Fast & Furious 9 auf der regulären Ebene ein wahres Festmahl für die Ohren, agiert im dreidimensionalen Bereich aber zu inkonsequent, um als vollwertige oder gar referenzverdächtige Erfahrung wahrgenommen zu werden. Und das ist letztendlich natürlich extrem schade.
Die Extras
Zu allererst kommt Fast & Furious 9 gemäß der Tradition seiner Vorgänger auch dieses Mal als verlängerte Fassung nach Hause. Sieben Minuten mehr Material gibt es innerhalb des sogenannten Director´s Cut, der zusätzlich zur regulären Kinofassung via Seemless Branching abgerufen werden kann. Versprochen wurde im Vorfeld mehr Action, mehr Spannung, mehr Familie. Liefern tut die erweiterte Version davon quasi nichts. Der Film ist in seiner normalen Fassung schon viel zu lang, die neuen Szenen bieten da absolut keinen Mehrwert. Kleinere Dialogerweiterungen und Witzeleien hier und da, nichts wirklich essentielles oder gar etwas, dass Figuren oder Handlung nennenswert vertiefen würde. Und was die Action angeht: Gerade einmal knapp zwanzig Sekunden mehr Krawall zum Finale sind alles andere als ein bahnbrechendes Upgrade.
Nun aber zu dem richtigen Bonusmaterial. Hier haben wir zu Beginn einen eher unmotivierten Audiokommentar von Regisseur Justin Lin, der wohl selbst nicht ganz zufrieden mit seinem Film zu sein scheint. Mehr als das hat es nicht an Bord der UHD geschafft, alles weitere findet sich wie immer ausschließlich auf der Blu-Ray wieder. Erst dann wird´s interessant, denn aufgeteilt auf insgesamt neun Featurettes darf man sich auf ein umfangreiches Making Of freuen, dass wirklich jeden Aspekt der Produktion umfangreich beleuchet. Dazwischen kommen immer wieder Cast und Crew zu Wort, wobei die Bezüge zur Familie selbstverständlich nicht fehlen dürfen (*sigh*). Weitere acht Minuten behandeln die – leider nur wenigen – praktischen Stunts im Film, während sich Neuzugang John Cena in einem eigenen Featurette noch einmal loben über die Reihe auslässt und dabei mit der scheinbar für ihn etwas problematischen Größe eines TVR zu kämpfen hat.
Auch Wiederkehrer Han hat seinen eigenen Beitrag spendiert bekommen, hier werden primär die Hintergründe für die Rückkehr des beliebten Charakters nochmal aufgegriffen. Last but not least dürfen wir Justin Lin für einen Tag am Set begleiten. Die Tatsache, dass das Feature mit zehn Minuten Laufzeit allerdings offenbar nicht jeden Aspekt dieses Tages abdeckt, zum Beispiel Justin auf dem Klo oder Justin unter der Dusche zeigt, dass man zumindest im Bonussegment ein Gespür dafür bewiesen hat, auf überflüssige Längen zu verzichten. Alles in allem also eine Menge Material für interessierte Zuschauer, welches zumindest in meinen Augen keine Fragen offenlässt.
Fazit
„Was einst als spannender Einblick in die Welt der illegalen Straßenrennen begann, ist mittlerweile leider kaum mehr als eine sinnbefreite Materialschlacht mit aufdringlichem Familiengedanken. Inhaltlich hat die Reihe ihren Zenit längst überschritten, aber angesichts der weiterhin exzellenten Einspielergebnisse ist davon auszugehen, dass auch nach dem angekündigten zehnten Teil nicht wirklich Schluss sein wird. Fast & Furious 9 ist für mich ein überlanger Totalschaden in jedweder Hinsicht. Story und Charaktertiefe sucht man ebenso vergeblich wie realistische Action, was sich aufgrund der erzwungenen Ernsthaftigkeit in Kombination mit dem ermüdend banalen Spiel von Alphatier Vin Diesel und Kohorten kaum als kurzweilig unterhaltsam hinnehmen lässt. Blu-Ray und UHD schneiden bei Bild und Ton sehr solide ab und liefern nur wenig Grund zur Kritik, das Bonusmaterial ist informativ und umfangreich. Eisenharte Fans und Komplettisten können also beruhigt zugreifen.“
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